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Forschungsschwerpunkte am Lehrstuhl

Zu den größten sprachwissenschaftlichen Herausforderungen gehört es, die Einheit der Vielfalt von Sprache in den Blick zu nehmen, ohne einer Reduktionslogik zu verfallen: Sprache ist Gebrauch und System zugleich; Sprache hat eine kognitive Dimension und eine soziale Funktion; Sprache ist Wissen und basiert zugleich auf Handeln. Wir begreifen diese Vieldimensionalität als eine empirische Herausforderung in so unterschiedlichen Forschungsfeldern wie der Kognitiven Linguistik (insbesondere der Konstruktionsgrammatik, Kognitiven Semantik) und der Diskurs- und Gesprächslinguistik (Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit und in diskursiven Handlungsfeldern). Wenn wir uns im Spannungsfeld von Sprachgebrauch und Sprachsystem dynamischen wie auch strukturellen Eigenschaften des Gegenwartsdeutsch widmen, ist dabei stets ein Commitment für empirische, korpuslinguistisch gestützte Sprachbetrachtungen leitend.

Framesemantik & Konstruktionsgrammatik

Das Projekt „FrameNet & Konstruktikon des Deutschen“ erforscht und dokumentiert zusammenhängende Form-Bedeutungsstrukturen der deutschen Gegenwartssprache im Kontinuum zwischen Lexikon und Grammatik. Es umfasst zwei Repositorien: ein FrameNet des Deutschen, ein Konstruktikon des Deutschen.
Das Projekt möchte dazu beitragen, den großen Reichtum lexikalisch und grammatisch kodierter Konzepte möglichst umfassend zu erschließen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass die erzielten Erkenntnisse für weitere Forschungszwecke zur Verfügung stehen, sei es für linguistische Studien im engeren Sinne, für (fremdsprachen-)didaktische Verwendungsinteressen oder für Möglichkeiten der maschinellen Sprachverarbeitung.
Das Projekt basiert auf grundlegenden Erkenntnissen der Frame-Semantik und der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik, allem voran der Annahme eines Lexikon-Grammatik-Kontinuums, in dem sprachliche Kategorien und Strukturen einheitlich als Form-Bedeutungspaare repräsentiert sind. In methodischer Hinsicht verbindet das Projekt lexikographische und konstruktikographische Verfahren der korpusbasierten Analyse authentischer Sprachbelege mit einer intelligenten computationellen Infrastruktur und einem modernen Datenmanagement-System.

Auf der Konferenz Construction Grammar: New Perspectives in the Study of German and English in Kiel im Februar 2010 habe ich zusammen mit Alexander Lasch den Arbeitskreis „Konstruktionsgrammatik des Deutschen“ gegründet, der sich zum zweiten Mal im Rahmen des Panels "Constructions in German" auf der vierten DGKL-Tagung in Bremen getroffen hat. Ein drittes Treffen fand im September 2011 im Rahmen der Tagung „Konstruktionen als soziale Konventionen und kognitive Routinen“ in Düsseldorf statt. Weitere Workshops und Tagungen finden in Heidelberg (9/2012), Freiburg (10/2012) und Münster (11/2012) statt. 
 Das langfristige Ziel besteht darin, ein möglichst umfängliches Repertoire an Konstruktionen des Deutschen zu identifizieren und empirisch zu beschreiben. Ein weiteres Ziel ist es, den Arbeitskreis „Konstruktionsgrammatik des Deutschen“ langfristig als eine Plattform für internationale die Zusammenarbeit von LinguistInnen zu institutionalisieren, die Deutsch als Zielsprache untersuchen. Mehr Details finden sich unter Arbeitskreis "Konstruktionsgrammatik des Deutschen"

Weitere Forschungsprojekte am Lehrstuhl

Laufzeit: Januar-Dezember 2018

Finanziert durch den Strategischen Forschungsfonds der Heinrich-Heine-Universität (SFF)

Projektleiter: Dr. Sascha Bechmann

Projektwebsite mit Link zur Projektskizze: www.tinyurl.com/medkomm

Unverständliche Arztbriefe sind Ursache zahl- und folgenreicher Missverständnisse. Um der innerfachlichen Informationssicherung zu dienen, müssen sie präzise und schlüssig formuliert sein. Dies ist umso wichtiger, weil sich Arztbriefe als wesentliches Kommunikationsmittel in den ärztlichen Behandlungsprozess einfügen. Arztbriefe erfüllen keine Metafunktion innerhalb der Arzt-Arzt-Kommunikation, sie sind eine eigenständige, professionalisierte Kommunikationsform. Dennoch liegen bislang keine gesicherten Standards zur Produktion und/oder Rezeption vor. Qualitative Untersuchungen zu Arztbriefen, aus denen sich Standards ableiten ließen, fehlen bislang.

Das zentrale Anliegen dieses Projekts ist die (erstmalige) systematische Herausarbeitung und Bewertung von sprachlichen und (fach-)textlinguistischen Besonderheiten in Arztbriefen sowie die Festlegung und Überprüfung von linguistischen Kategorien für eine Beschäftigung im Rahmen weiterer Forschung. Eine integrative und strukturell-funktional angelegte Analyse von Arztbriefen soll systematische Probleme und sprachliche Fehler aufdecken. Arztbriefe werden mit dem Ziel der Identifikation von verstehensrelevanten Problemen u.a. grammatisch-syntaktisch, semantisch und pragmatisch untersucht. Die Befunde sollen in Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten aufbereitet werden, so dass eine Manualisierung für die Aus- und Fortbildung möglich wird. Dieses Pilotprojekt dient dem Anschub eines mehrjährigen DFG-Forschungsprojekts.

Die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund sowie die Beratung und Unterstützung ihrer Angehörigen gehören längst zum beruflichen Alltag von Ärzten und Ärztinnen: Gut ein Fünftel der in Deutschland lebenden Menschen (20,3%) hat einen Zuwanderungshintergrund, Tendenz steigend (Mikrozensus 2018). Patientinnen mit Zuwanderungsgeschichte erfahren häufig eine qualitativ schlechtere Behandlung, die negative Auswirkungen auf ihre Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit nehmen kann, und nicht zuletzt höhere Kosten für das Gesundheitssystem nach sich zieht. Daher ist es umso wichtiger, dass solchen interkulturellen Behandlungssituationen sowohl in der Forschung, als auch in der Aus- und Weiterbildung von medizinischem Fachpersonal mehr Beachtung geschenkt wird.

Im Rahmen der vom Strategischen Forschungsfond der HHU finanzierten Anschubfinanzierung für das Forschungsprojekt „Interkulturalität in der medizinischen Praxis“ wird das folgende Ziel verfolgt: Eine mit den Methoden der Angewandten Gesprächsforschung „Bestandsaufnahme“ der vielfältigen kommunikativen Hürden der Ärzte in Interaktion mit Patienten mit Migrationshintergrund zu erheben. Dazu wurden 445 Minuten (24 Arzt-Migrant-Interaktionen) aufgenommen. Nach der Datenaufbereitung mittels Dokumentation, Sichtung und Transkription, wurden die Daten mit der Methode der Angewandten Gesprächsforschung analysiert (vgl. Hartung (2011); Becker-Mrotzek/Brünner (1992); Meyer/Bührig/Durlank (2000)). Für die Datenanalyse stehen folgende Fragen im Fokus: Wie entstehen und worin bestehen die wichtigsten Kommunikationsprobleme in der medizinischen Praxis im Umgang mit Patienten mit Migrationshintergrund und wie gehen Ärzte damit um? Wie machen sich diese Probleme im Gespräch bemerkbar? Die erzielten (Vor-)Ergebnisse liefern erste Hinweise auf mögliche besonders saliente Kommunikationsprobleme, die anschließend im Rahmen des DFG-Projekts auf der Basis größerer Datenmenge genauer untersucht werden sollen. Eines der auffälligsten Ergebnisse ist, dass Ärzte häufig in Interaktionen mit Patienten mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten haben, das wechselseitige Verstehen herzustellen und zu sichern. Sei es durch fehlende Rückfragen, durch ungeschickte Wortwahl oder unmarkierte Themenwechsel. Aus diesem Grund soll im geplanten DFG-Projekt der Schwerpunkt auf Verstehensdokumentation und Verstehensherstellung in nicht gedolmetschten Arzt-Migrant-Interaktionen gesetzt werden.

  • Hartung, Martin (2011): Gesprächsanalyse in der betrieblichen Praxis. In: Knapp, Karlfried et al. (Hrsg.): Angewandte Linguistik. Ein Lehrbuch. 3., vollst. überarb. und erw. Aufl. Tübingen / Basel: Francke, S. 313-333.
  • Becker-Mrotzek, Michael / Brünner, Gisela (1992): Angewandte Gesprächsforschung. Ziele – Methoden – Probleme. In: Fiehler, Reinhard / Sucharowski, Wolfgang (1992): Kommunikationsberatung und Kommunikationstraining. Anwendungsfelder der Diskursforschung. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 12-23. (Ein sehr früher, programmatischer Beitrag über Ziele und Arbeitsweisen der Angewandten Gesprächsforschung).
  • Meyer, Bernd / Bührig, Kristin / Durlanik, Latif (2000): Arzt-Patienten-Kommunikation im Krankenhaus: konstitutive Handlungseinheiten, institutionelle Handlungslinien. In: Arbeiten zur Mehrsprachigkeit, Folge B (Nr. 2). Universität Hamburg: Sonderforschungsbereich Mehrsprachigkeit.

Die Indizierung referentieller Zugänglichkeit im Deutschen: Wie (und inwieweit) korrelieren Referenzausdruckstypen mit der vorausgesetzte adressatenseitigen Identifizierbarkeit ihrer je­weils intendierten Referenten?

Projektleiter: Dr. Detmer Wulf

Die Projektidee ist innerhalb der sogenannten Accessibility Theory verortet. Zentrale These der Accessibility Theory ist, dass die adressatenseitige Auflösung der intendierten Referenz eines aktuell verwendeten Referenzausdrucks primär über dessen Form erfolgt (z.B. indefinit, definit, pronominal, attributiv erweitert, ohne attributive Erweiterungen etc.).

Die Accessibility Theory geht davon aus, dass (i) eine Korrelation zwischen Referenzaus­druckstyp und vorausgesetzter adressatenseitiger Identifizierbarkeit des aktuell intendierten Referenten besteht, sowie (ii), dass die Wahl des aktuell verwendeten Ausdruckstyps primär durch Sprecherannahmen in Bezug auf die adressatenseitige Identifizierbarkeit des aktuell intendierten Referenten gesteuert ist. So wird allgemein angenommen, dass die Verwendung pronominaler Formen mit der Voraussetzung hoher adressatenseitiger Identifizierbarkeit ein­hergeht, wohingegen für die Verwendung indefiniter Formen Nicht-Identifizierbarkeit voraus­gesetzt wird. Andere Formen liegen dazwischen, sodass Accessibility nicht dichotomisch, sondern skalar begriffen wird.

Zentraler Gegenstand des geplanten Projekts ist eine Überprüfung der Anwendbarkeit ein­schlägiger Accessibility-Status-Kategorien auf Sprachdaten des Deutschen. Hierbei ist vor allem auch eine Überprüfung und Bestätigung – oder möglicherweise auch Relativierung – der allgemein angenommenen Korrelation zwischen Ausdruckstyp und Accessibility-Status von Interesse.

Abgeschlossene Projekte

DFG-Projekt „Belastete“ Vokabeln im öffentlichen Sprachgebrauch nach 1945 und Sprachliche Vergangenheitsbewältigung nach 1945

Es gibt bisher nur sporadische und völlig unzulängliche Ansätze, das Themengebiet "belastete Vokabeln" in der Geschichte der deutschen Gegenwartssprache aufzuarbeiten. Am bekanntesten sind sicher die Ansätze von Klemperer und Sternberger, Storz und Süskind. Die germanistische Forschung hat sich bisher fast ausschließlich beschränkt auf die Analyse des so genannten Nazi-Wortschatzes innerhalb der Nazizeit bzw. auf dessen historische Ableitung aus dem völkisch-nationalen Wortgebrauch des 19. Jahrhunderts Auch in der umfangreichsten und vielperspektivischen Darstellung von C. Schmitz-Berning zum "Vokabular des Nationalsozialismus" wird "nur in einer begrenzten Zahl von Fällen [...] der heutige Gebrauch weiterverwendeter oder wieder verwendeter Ausdrücke beleuchtet." (Schmitz-Berning 1998, S. XII)

In Bezug auf das Thema "Nazi-Wortschatz" und sprachliche Vergangenheitsbewältigung soll deshalb in diesem DFG-Projekt ein bisher nicht bearbeitetes Perspektivenfeld brisanter Vokabeln analysiert werden. Anhand von öffentlich als Nazi-Wortschatz deklariertem bzw. instrumentalisiertem Vokabular soll systematisch dargestellt werden, in welcher Weise im Gebrauch der deutschen Gegenwartssprache Bezug auf die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft genommen wird. Untersucht werden so genannte Weiterverwendungen, deren Geschichte und die der öffentlichen Thematisierungen, implizite und explizite Vergleiche mitsamt deren Verwendungsbereichen in Diskursen der Gegenwartssprache, wie in öffentlicher Thematisierung bzw. Kritik dieses "rückbezüglichen Sprachgebrauchs Geschichtsbilder für die Nazizeit konstruiert werden und die Entwicklung und Thematisierung von Geschichtsvokabeln für Ereignisse der Nazi-Zeit.

Die vorläufige Stichwortliste der mithilfe der Methoden der Diskursanalyse zu untersuchenden Vokabeln enthält ca. 50 Lemmata (<i>Abendland, Anschluss, artfremd, Auschwitz-Lüge, Auslese, Ausmerzung, Befreiung [vs. Niederlage], Behinderte, Blut, Drittes Reich [mit &quot;&quot;], durchrasst [vs. multikulturell], Elite [und Auslese], Endlösung, entartet/Entartung, entartete Kunst, Ermächtigungsgesetz, Euthanasie, fanatisch, Fremdarbeiter [Zwangsarbeiter, Sklavenarbeiter], Führer/Guide, Führerschein, gaskammervoll, Gestapochef, Gestapo-Methoden, gleichschalten, Goebbels der Sowjetzone, Großdeutsch[land], Herrenrasse, heroisch, Heroismus, Holocaust, Invasion [vs. Landung der Alliierten], [Juden-] Stern, Konzentrationslager, KZ, SS, SA, HJ, Lager, lebensunwertes Leben, Machtergreifung/-übernahme/-übergabe, Mischehe, Nazi-Methoden, Neonazi, Propaganda, Rasse, Reichskristallnacht/Reichspogromnacht, Reichstag, Selektion, Sippe[nhaft], Sonderaktion, Sonderbehandlung, sozialer Wildwuchs, Sterbehilfe, Überfremdung, Ulbrichts KZ, Vergangenheitsbewältigung, Verharmlosung, Versöhnung/Aussöhnung, Volk, Volksgerichtshof-Ton, Wehrmacht/Bundeswehr, Wehrkraftzersetzung, Widerstand, Wiedergutmachung, zersetzen, Zigeuner</i>).

Diskurspragmatische Beschreibung und Interferenzanalyse von Internetforen zum Thema ‚Ostdeutschland‘

Projektleiter: PD Dr. Kersten Sven Roth (HHU) und PD Dr. Steffen Pappert (Uni Duisburg-Essen)

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird am Beispiel des aktuellen Diskurses über das Konzept OSTDEUTSCH in Internetforen untersucht, inwieweit pragmatische und diskursive Bedingungen die kommunikative Hervorbringung kollektiven Wissens beeinflussen. Bisherige Untersuchungen diskurssemantischer Provenienz beschäftigten sich vorrangig aus forschungspraktischen Gründen überwiegend mit massenmedialen Texten bzw. mit daraus zusammengestellten Korpora. Das sich dort manifestierende Wissen konnte so hinreichend erfasst und beschrieben werden. Inwieweit dieses Wissen aber abseits der massenmedialen Kommunikationszusammenhänge als pragmatisch-interaktive Ressource in anderen Kommunikationsformen genutzt wird, bleibt bei einer weitgehend eindimensional komponierten Materialbasis jedoch im Unklaren. Diese Forschungslücke zu schließen, beabsichtigt das beantragte Projekt, indem es den Fokus auf einen anderen Objektbereich richtet. Gegenstand der Untersuchung wird die Forenkommunikation im Word Wide Web zum Thema OSTDEUTSCH sein. An dieser Kommunikationsform wird mit dem diskurspragmatischen Analyse-Ansatz (Sektorenanalyse, Formatanalyse, Aussagenanalyse, Handlungsanalyse, Interferenzanalyse) systematisch überprüft, welche pragmatischen Bedingungen ausschlaggebend dafür sind, dass und vor allem an welchen Stellen in den Foren Elemente des massenmedialen Diskurses als Ressource genutzt werden.

  • Steffen Pappert & Kersten Sven Roth (i.Dr.): Digitale Öffentlichkeiten. Erscheint in: Steen, Pamela / Liedtke, Frank (Hg.), Diskurs der Daten. Qualitative Zugänge zu einem quantitativen Phänomen. Berlin/Boston: de Gruyter.
  • Steffen Pappert & Kersten Sven Roth (i.Dr.): Diskurslinguistische Perspektiven auf neue Öffentlichkeiten in Webforen. Erscheint in: Hauser, Stefan / Opilowski, Roman / Wyss, Eva Lia (Hg.), Alternative Öffentlichkeiten. Soziale Medien zwischen Partizipation, Sharing und Vergemeinschaftung. Bielefeld: transcript.
  • Steffen Pappert & Kersten Sven Roth (2016): Diskursrealisationen in Online-Foren In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik, J. 2016, H. 65, S. 37-66.
  • Kersten Sven Roth: „Stammtisch 2.0“? – Politiker-Kritik als interaktionale Ressource auf der Mesoebene des Diskurses. In: Heidrun Kämper, Martin Wengeler (Hgg.): Protest – Parteienschelte – Politikverdrossenheit. Politikkritik in der Demokratie. Bremen, S. 77-97.

The Structure of Representations in Language, Cognition, and Science

Leitung: Univ.-Prof. Dr. Dietrich Busse
Wissenschaftlicher MItarbeiter: Detmer Wulf M.A.
Wissenschaftliche Hilfskraft: Michaela Felden M.A.

Im Teilprojekt soll am Beispiel von Begriffen aus der Domäne „Recht“ die Frame-Struktur komplexer Fachbegriffe analysiert und dabei aufgezeigt werden, dass mit frame-analytischen Verfahren semantische und konzeptuelle Relationen weitaus präziser erfasst werden können, als dies mit den bislang üblichen Verfahren möglich ist. Die hohe semantische Komplexität vieler Rechtsbegriffe sowie die hohe Frequenz von handlungs- und vorgangs-bezogenen Begriffen erfordert eine spezifische Anpassung des Frame-Modells, die auf der Basis des frametheoretischen Ansatzes von Barsalou und seiner Weiterentwicklung durch das SFB-Team geleistet werden soll. Geplant sind synchrone Analysen einer größeren Zahl von Rechtsbegriffen aus den beiden großen Rechtsgebieten (Zivil- und Strafrecht) ebenso wie Vergleiche kontroverser Begriffsdefinitionen sowie die beispielhafte Untersuchung diachronen Bedeutungswandels für einige der Begriffe. Die Ergebnisse können beispielhaft sein auch für die Analyse komplexer Fachbegriffe in anderen Fachsprachen / Registern.

The project aims at the application of frames to the semantic description of German legal terms, taken as a special case of highly complex professional terms and concepts. It will be demonstrated that frame-semantic methods are suitable to describe and analyze semantic and conceptual relations in the semantics of law (and other professional languages or registers) far more precisely than traditional methods. The high semantic complexity of law terms as well as the central role of action and event terms requires a specific design of the frame-semantic approach. The descriptions of representative German law concepts will include controversial definitions as well as diachronic change of meaning.

Schriften zum Projekt:

Schriften von Prof. Busse zur Thematik des Projekts

Zum Web-Auftritt des SFB 991: 
The Structure of Representations in Language, Cognition, and Science

Der Schwerpunkt &quot;Öffentlicher Sprachgebrauch / Öffentliche Kommunikation&quot; ist ein Schwerpunktbereich in Lehre, Studium und Forschung an der Abteilung für Germanistische Sprachwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Lehrstuhl Germanistik I). Diesem Schwerpunktbereich sind Lehrveranstaltungen, Forschungskolloquien und Forschungsvorhaben (neben Forschungsprojekten auch Abschlußarbeiten und Promotionsvorhaben) zugeordnet. 

Ziel dieses Studien- und Forschungsschwerpunkts ist es, den öffentlichen Sprachgebrauch und die öffentliche (sprachliche) Kommunikation in seinen/ihren verschiedenen Aspekten, aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen, systematisch (synchron) wie historisch (diachron) sprachwissenschaftlich in den Blick zu nehmen und zu erforschen. Dazu zählen nicht nur Formen der politischen Sprache und Kommunikation und ihres Wandels (die einmal der Ausgangspunkt für diesen Forschungsbereich gewesen sind). Vielmehr sollen und können alle Ausprägungen des Sprachgebrauchs in der Öffentlichkeit Thema und Gegenstand werden. (So z.B. Sprache in der Werbung, öffentlich relevante Rechtssprache, öffentlich wirksame Fachsprache und -kommunikation, sprachwissenschaftlich relevante Aspekte der Medienkommunikation, Sprachwandel im öffentlichen Sprachgebrauch u.ä.)

Der Gegenstand &quot;Öffentlicher Sprachgebrauch / Öffentliche Kommunikation&quot; ist immer noch insofern ein &quot;prekärer&quot; Gegenstand der sprachwissenschaftlichen Forschung, als weder sein wissenschaftlicher Status (Varietät, Textsortenspektrum, Stilregister, Wortschatzsegment?) eindeutig bestimmt ist, noch es die eine bestimmte Methode seiner Erforschung gibt, die alle seine Facetten erfassen kann. Textlinguistik, Variationslinguistik, linguistische Stilistik (mit allen ihren Teilbereichen wie Syntax, Morphologie, Lexik, Semantik, Rhetorik) können für seine Erforschung ebenso relevant werden wie die historische Semantik, Begriffsgeschichte, linguistische Diskursanalyse und Topologie, welche in diesem Forschungsbereich bislang dominant waren und vor allem hier ausgearbeitet und weiterentwickelt wurden (Stichwort &quot;Düsseldorfer Schule&quot;).

Zur Zeit bestehen in diesem Lehr- und Forschungs-Schwerpunkt folgende Arbeitsbereiche:

Öffentlicher Sprachgebrauch und Kommunikation

Vor allem im Bereich von Lehre und Studium (z.B. in speziellen Lehrveranstaltungen, Forschungsseminaren und Abschlußarbeiten) sollen zusätzlich folgende Arbeitsbereiche ausgebaut werden:

<ul><li class="blau">Sprachgebrauch und Textstrukturen in der Werbung </li><li class="blau">Neue Formen öffentlichen Sprachgebrauchs: Internet und neue Medien. </li></ul>

An dieser Stelle habe ich Ihnen in der Vergangenheit mein Buchmanuskript „Die Sprache des Geschäftsberichts“ zur Verfügung gestellt. Mittlerweile ist mein Buch erschienen, das ab sofort im Buchhandel erhältlich ist:

Rudi Keller: Der Geschäftsbericht. Überzeugende Unternehmenskommunikation durch klare Sprache und gutes Deutsch, Wiesbaden: Gabler, 1. Aufl. 2006, ISBN: 3-8349-0163-6, Preis: 34,90 EUR.

Eine kurze Handreichung können Sie sich als PDF-Dokument herunterladen.

Weitere Dokumente zum Download: 

Weiterführende Links zum Thema:

Perzeptionslinguistische Perspektiven auf Mehrsprachigkeit: Einstellungen, Ideologien, Positionierungspraktiken (2.-3. Dezember 2016)

Im medialen Diskurs über Migration, Multikulturalität und  gesellschaftliche Integration herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass Sprache und Sprachkompetenz in diesem Kontext eine bedeutende Rolle zukommt. (vgl. Busch 2013: 112-120; für den Diskurs in Österreich ausführlich Dorostkar 201, zur Deutschschweiz Flubacher 2014). Dabei liegt in diesem Konsens in aller Regel eine strikt instrumentelle und essentialistische Sicht auf Sprache zugrunde: Angenommen wird, dass der „Erwerb“ der in der jeweiligen Gesellschaft (z.B. in Form einer offiziellen „Amtssprache“) als allgemeine Verständigungssprache genutzten Sprache/Sprachform (in Deutschland z.B. der „deutschen Sprache“, genauer: der Standardsprache) die entscheidene Voraussetzung dafür darstellen, dass sich kulturelle Vielfalt unproblematisch mit einem funktionierenden Gemeinwesen vereinbaren lässt. Während also dieser offiziellen Verständigungssprache in einem solchen Modell alle eher funktional-zweckorientierten Anforderungen an Sprache zugeschrieben werden, bleiben der jeweiligen „Herkunftssprache“ bzw. den „Herkunftssprachen“ (gleich, welchen Status diese im Repertoire der Sprechenden faktisch hat/haben) eher affektive und identitäsbezogene Aspekte vorbehalten. Mehrsprachigkeit wird somit - auf einem sprachideologischen Ordnungsvektor zwischen „Verständigung“ und „Bindung“ oder mit Ehlich (1998): zwischen teleologischer und kommunitärer Funktion - strikt indexikalisch stratifiziert (sensu Blommaert 2010: 37-39).

Sowohl aus linguistischer Perspektive als auch aus der Anwendungsperspektive inbesondere der DaZ-Praxis ergeben sich aus dieser Modellierung zahlreiche Fragen, darunter: Welchen unvermeidbaren Restriktionen - zum Beispiel hinsichtlich Lernermotivation und Lernerfolg (vgl. Dörney 2003) - ist ein Zweitspracherwerb unterworfen, der sich in dieser Weise auf instrumentelle Sprachfunktionen beschränkt? Wie prägt dies das Selbstverständnis und die Selbstverortung der beteiligten Akteuere? Welche Chancen hat das Projekt einer gesellschaftlichen „Integration durch Sprache“ (wie auch immer man dieses beurteilen mag), wenn Sprachen hinsichtlich ihrer affektiven und kommunikativen „Brauchbarkeit“rangiert und dividiert werden? Zementiert eine solche funktionale Rangierung - ein solches „Sprachregime“(Coulmas 2005) - nicht sprachbedingte soziale Ungleichheit mehr als dass sie sie, wie sie vorgibt, abbaut? Und was sind die Alternativen? Sollen und können kommunitäre Aspekte beim Zweitspracherwerb stärker gewichtet, die funktionalen Potenziale der „Herkunftssprachen“ (in Form eines mehrsprachigen Unterrichts) stärker betont, das besondere kommunitäre Potenzial der „Herkunftssprachen“ bzw. das individuelle „Spracherleben“(Busch im Druck) für die gesellschaftliche Integration besser nutzbar gemacht werden?

Von der Beantwortung solcher Fragen durch die Angewandte Linguistik und der Umsetzung entsprechender Erkenntnisse in DaZ-Konzepten, wie sie zurzeit mehr denn je und schneller denn je gefordert sind, wird es abhängen, wie die Realität der Mehrsprachigkeit die zukünftige Gestaltung demokratischer Gesellschaften prägt. Umso schwerer wiegt, dass entsprechende Forschungskonzepte (wie z.B. gesprächsanalytisch ausgerichtet König 2014) gerade für die Verhältnisse im deutschen Sprachraum bislang kaum entwickelt wurden (vgl. für Ausnahmen etwa Busch 2013: 182-195; Dirim 2015). Nötig wäre neben der etablierten kompetenzorientierten Zweitsprachforschung eine systematisch-empirische einstellungs- und ideologieorientierte Forschung. Zu untersuchen und systematisch zu beschreiben wäre, mit welchen Werten und Einstellungen Mehrsprachige (mit einer anderen „Herkunftssprache“ als Deutsch) Sprache allgemein, ihrer Herkunftssprache im Besonderen sowie schließlich auch anderen Sprachen begegnen und wie sie sich ihnen gegenüber positionieren. Um entsprechende Konsequenzen für die Praxis ziehen zu können, wären hier schließlich nicht nur erwachsene Sprecher, sondern gerade auch Kinder und Jugendliche zu erfassen (vgl. z.B. Plewnia/Rothe 2011; Portnaia 2013), was wiederum spezielle Forschungsansätze nötig macht, die in der Spracheinstellungs- und Sprachideologieforschung bislang noch nicht sehr etabliert sind.

Das Symposium möchte Möglichkeiten, Probleme und methodologischen Voraussetzungen einer solchen einstellungs- und ideologieorientierten Mehrsprachigkeitsforschung sowie nach Möglichkeit auch praktische DaZ-Ansätze zur Diskussion stellen.

Programm

Anreise und Unterkunft

Korpuslinguistische Analysen zu Sprecher-Verortung und empathischem Argumentieren in laienlinguistisch-sprachkritischen Reflexionstexten auf der Basis der Erschließung, Aufbereitung und Sicherung eines langfristig forschungsrelevanten Datenbestands

Projektleiter: PD Dr. Kersten Sven Roth
Leitende Mitarbeit: Dr. Kristin Kuck

Das Projekt leistet Korpus-Analysen zum laienlinguistisch-sprachkritischen Argumentieren auf der Basis eines einzigartigen Datenbestands: der Gesamtheit aller Einsendungen zur sprachkritischen Aktion „Unwort des Jahres“ aus über 20 Jahren (1991-2011). Das Interesse richtet sich auf sprachideologische Grundlagen der Argumentation, Argumentationsmuster und Topoi in diesen sprachreflexiven Laientexten. Das Projekt wird vor allen Dingen im Vergleich mit benachbarten massenmedialen Realisationen spezifische und im Korpus musterhaft aufscheinende Praktiken der Verortung (vgl. Roth 2018) und des „empathischen Argumentierens“ (vgl. Kuck/Roth i.V.) systematisch untersuchen.

Der Datensatz, der das „Unwort-Korpus“ bildet und der dem Projektleiter persönlich für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt wurde, besteht aus ca. 30 000 Dokumenten, die bislang in Papierform vorliegen. Die dauerhafte Sicherung des einmaligen und nicht replizierbaren Korpus für Forschungszwecke auch über die unmittelbaren Projektzwecke hinaus ist neben dem dargelegten inhaltlichen ein wichtiges weiteres Ziel. Das Projekt wird dabei von der ULB Düsseldorf und dem ZIM der HHU unterstützt.

  • Kristin Kuck & Kersten Sven Roth (i.Vb.): Spachkritik und Empathie. Empathieforderung, Empathiebekundung und Empathiebehauptung als argumentative Ressourcen in den Texten des  Unwort-Korpus. Wird erscheinen in: Katharina Jacob, Klaus-Peter Konerding, Wolf-Andreas Liebert (Hgg.): Sprache und Empathie. Linguistische und interdisziplinäre Zugänge. Berlin, Boston.
  • Kersten Roth (2018): Verortung. Zu Konstruktionen einer argumentativ-auktorialen Origo in laienlinguistisch-sprachkritischen Texten. In: Martin Wengeler, Alexander Ziem (Hgg.): Diskurs, Wissen, Sprache. Linguistische Annäherungen an kulturwissenschaftliche Fragen. Berlin/Boston, S. 295-318.
Verantwortlichkeit: