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Juristische Fachsprache und Öffentlicher Sprachgebrauch

Juristische Fachsprache und Öffentlicher Sprachgebrauch

Arbeitsbereich 2

Die sogenannte Rechtssprache ist nicht einfach nur eine Fachsprache im herkömmlichen Sinn. Da im Bereich des Rechts (und mit den Mitteln dieser zentralen gesellschaftlichen Institution) Angelegenheiten von höchstem öffentlichen Rang und Interesse geregelt werden, betreffen Phänomene und Entwicklungen im Bereich der Rechtssprache häufig direkt und elementar Angelegenheiten von öffentlichem Belang und wirken so unmittelbar auf den öffentlichen Sprachgebrauch ein. Häufig ist nicht einmal mehr für die Fachleute eindeutig zu entscheiden, ob man beim Reden über Rechtliches sich noch im Bereich einer institutionellen Fachsprache oder schon im Bereich des öffentlichen Sprachgebrauchs befindet. Die Geschichte der öffentlichen Kommunikation in Deutschland kennt genügend Beispiele dafür, dass es zwischen dem öffentlichen und dem fachlichen Charakter von Sprachelementen (z.B. Wörtern und Wortbedeutungen) zum Konflikt kam. So z.B. im Rahmen der sog., Nachrüstungsdebatte der 70er und 80er Jahre des 20. Jhds. die Auseinandersetzungen über die Begriffe Gewalt und gewaltfrei anläßlich von Aktionen der sog. Friedensbewegung. Zwischen öffentlicher Sprache und juristischer Fachsprache kommt es daher häufig zu Interferenzen, und damit zu Überlagerungen zwischen fachlichen und nichtfachlichen Gebrauchsbereichen solcher Lexeme, die nebeneinander in fachspezifischer (häufig: terminologischer) und nichtfachspezifischer Verwendungsweise vorkommen. 

Mit Interferenzen sind hier Störungen oder Störungspotenziale gemeint, die sich daraus ergeben, dass einzelne Wörter des Wortschatzes je nach Einstellung und Vorwissen der Rezipienten entweder in fachlicher oder in nicht-fachlicher, gemeinsprachlicher Semantik interpretiert werden. Voraussetzung für solche Interferenzen ist also das Vorhandensein unterschiedlicher semantischer Füllungen für ausdrucksseitig identische Wörter, die nebeneinander in fachlicher und nichtfachlicher Verwendung vorkommen. Solche Interferenzen treten besonders häufig an der Grenzlinie und im Überschneidungsbereich von juristischer Fachkommunikation und öffentlicher nichtfachlicher Kommunikation (oder, wie es häufig ausgedrückt wird: von Rechtssprache und Gemeinsprache) auf.

Ziel eines in diesem Schwerpunktbereich laufenden Arbeitsvorhabens ist es, an ausgewählten Beispielen (Korpusbereichen) des Teils des Wortschatzes, der der Rechtssprache und der Gemeinsprache gemeinsam ist, die Überscheidungen wie die Unterschiede und Divergenzen in der Bedeutungsgebung der Lexeme herauszuarbeiten und hierbei das Störungspotenzial offen zu legen, das sich aus solchen unterschiedlichen Bedeutungsgebungen entwickelt. Im Anschluss an die vom Leiter des Bereichs in früheren Arbeiten unternommene Erforschung der spezifischen Merkmale der fachlichen und institutionenspezifischen Semantik im Bereich der Rechtssprache zeigt sich, dass eine solche Analyse die Offenlegung des jeweils zur Geltung gebrachten bedeutungsrelevanten Wissens erfordert. Rekonstruiert werden daher die hinter den fachlichen und nichtfachlichen Wortverwendungen bzw. -deutungen stehenden jeweiligen semantischen Netze und Wissenssysteme, deren innere Struktur sowie ihre Einbettung in benachbarte und/oder übergreifende Wissensstrukturen.

 

Leiter: Prof. Dr. Dietrich Busse

Juristische Fachsprache und Öffentlicher Sprachgebrauch
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