Workshop "Kognition und Konversation: von der Interaktion zur sprachlichen Bedeutung" (12/2015)
Kognition und Konversation: von der Interaktion zur sprachlichen Bedeutung
Ort & Zeit: 7. und 8. Dezember 2015, Haus der Universität, Universität Düsseldorf (Details unten)
Veranstalter: Dr. Robert Mroczynski (Düsseldorf) und Univ.-Prof. Dr. Alexander Ziem (Düsseldorf)
Konversationelle Semantik und Kognitive Semantik
Gesprächslinguistik und kognitive Semantik werfen ein unterschiedliches Licht auf das Phänomen der Bedeutungskonstitution. Während es in der ethnomethodologisch orientierten Gesprächslinguistik bei der Bedeutungskonstitution um empirisch nachweisbare, interaktiv hergestellte soziale Wirklichkeit geht, ist die kognitive Semantik bemüht, die mentalen Prozesse des Individuums zu modellieren. In jüngster Zeit sind zwar einige Annährungsversuche zwischen den beiden Ansätzen zu beobachten, insbesondere in methodischer Hinsicht ist die Kluft aber nach wie vor groß. Abhängig von der gewählten Perspektive, mit der eine Auseinandersetzung mit Kognition und Konversation erfolgt, fallen die gewählte Methodik und die jeweils avisierten Erkenntnisinteressen teilweise sehr unterschiedlich aus. Vor diesem Hintergrund zielt der Workshop auf gemeinsame Themenfelder und Fragestellungen, die den Gegenstandsbereich „Kognition“ und „Konversation“ betreffen. Die relevanten gesprächsanalytischen und kognitionslinguistischen Forschungsschwerpunkte lassen sich in folgender – zwangsläufig unvollständigen – Liste zusammenfassen
(a) Gesprächsanalytische Zugänge zur Kognition:
- Verhältnisbestimmungen von Kognition und Konversation (Heritage 2005, 2012; du Bois 2007; Günthner 2010; Deppermann 2012)
- Verstehensdokumentation (Deppermann/Spranz-Fogasy 2011; Deppermann/Helmer 2013; Deppermann/Schmitt 2013)
- Anzeige, Produktion und Aushandlung von subjektivem Wissen und Gewissheit (Heritage/Raymonds 2005; Sidnell 2005; Dausendschön-Gay/Domke/Olhus 2010)
- sprachliche Verdeutlichung von Wissen (Thompson 2002; Englebretson 2007; Stivers/Mondada/Steensig 2011)
- Herstellung von intersubjektiv geteiltem Wissen (Deppermann 2008, Clark 1996, Fetzer/Fischer 2007, Gotsbachner/Mroczynski/Ziem 2015)
- Framing und Relevantsetzung von Hintergrundwissen (van Dijk 1984; Tannen/Wallat 1987; Gordon 2008; Gotsbachner 2008)
(b) Kognitionslinguistische Zugänge zur Konversation:
- kognitive Voraussetzungen der Interaktionskompetenz (Tomasello et al. 2005; Levinson 2006; Tomasello 2009)
- interaktives Alignment von Repräsentationen im Dialog durch geteilte Routinen (Pickering/Garrod 2013; Garrod/Pickering 2009)
- interaktiver Aufbau von mentalen Räumen und Blends in der Interaktion (Cienki 2008; Ehmer 2013; Hougaard 2008; Ziem im Druck)
- Metapherngebrauch und Metapherncluster in der gesprochenen Sprache (Cameron 2007, Cameron/Maslen 2010, Gibbs/Cameron 2008, Hussey/Katz 2010)
- Kognitiven Mechanismen zur Kohärenzetablierung in Gesprächen (Ziem 2014, 2015)
- grammatische Konstruktionen als interaktionale Ressource (Fischer 2010; Günthner 2006, 2006b; Deppermann 2011; Zima & Brône 2011; Bücker 2012; Imo 2015; Mroczynski 2013)
Trotz des hier aufgeführten breiten Themenspektrums, ist man von der Herausbildung einer „kognitiven Gesprächslinguistik“ noch weit entfernt. Der Workshop versteht sich deshalb als ein Forum, in dem der Dialog und eine (weitere) Annäherung zwischen kognitionssemantischen und gesprächslinguistischen Ansätzen vorangetrieben werden sollen. In den Workshopbeiträgen sollen vor allem folgende Fragen im Vordergrund stehen:
- Welche Vorteile bietet eine Verbindung von kognitionssemantischen und gesprächslinguistischen Ansätzen für die Beschreibung gesprochener Sprache? Wie lassen sich methodische Divergenzen überbrücken?
- Wie lassen sich kognitions- und gesprächslinguistische Zugänge für eine umfassende Beschreibung von (sprachlichen, interaktionalen, kognitiven) Aspekten der Bedeutungskonstitution fruchtbar machen?
- Welche Rolle spielen kognitive Prozesse bei der Produktion und Interpretation von Gesprächsaktivitäten?
- Gibt es sprachliche Indikatoren, die bei der Analyse von kognitiven Prozessen und Strukturen in Konversationen gewinnbringend eingesetzt werden können?
- Wie ist der Übergang von ad hoc gebildeten sprachlichen Konstrukten zu sozial verbindlichen und mithin konventionalisierten grammatischen Konstruktionen zu konzeptualisieren? Welche Rolle spielt dabei der Prozess der sozialen und kognitiven Routinisierung?
- Wie lässt sich die verbale, paraverbale und auch kinesische Konstruktion von konzeptuellen Strukturen in Gesprächen beschreiben und erklären?
Sektionen und Vorträge:
Montag, 07. Dezember 2015
11.30 – 11.45 Begrüßung und Einführung
Sektion A: Einführung: Kognition & Konversation: Aspekte ihrer Verhältnisbestimmung
11.45 ‐12.30 Alexander Ziem (Düsseldorf): Kognitive Dimensionen der (interaktionalen) Bedeutungskonstitution: Ansätze und Zugänge
12.30‐13.15 Arnulf Deppermann (IDS Mannheim): Kognition als Voraussetzung, Gegenstand und Produkt von interaktivem Handeln – konversationsanalytische Ansichten
13.15‐14.45 Mittagspause
Sektion B: Geteiltes Wissen und soziale Kognition
14.45‐15.30 Kerstin Fischer (Syddansk Universitet): Häsitationsmarker an der Schnittstelle zwischen Kognition und Interaktion
15.30‐16.15 Emo Gotsbachner (Wien): Wie funktioniert geteiltes, aber nicht identisches soziales Wissen?
16.15‐16.45 Kaffeepause
16.45‐17.30 Henrike Helmer (IDS Mannheim): Notwendigkeit und Möglichkeit kognitiver Zuschreibungen in der Interaktion am Beispiel von analeptischen Äußerungen
17.30‐18.15 Jens Lanwer (Duisburg‐Essen): Koreferenz: Eine Frage des common ground?
19.00 Abendessen im Restaurant „zum Csikos“ Andreasstraße 7‐9 (Düsseldorf‐Altstadt, 9 Minuten Fußweg vom Haus der Universität); http://www.zumcsikos.com
Dienstag, 08. Dezember 2015
Sektion C: Multimodale Bedeutungskonstitution
8.30‐9.15 Geert Brône& Paul Sambre (Universität Leuven, Belgien): Redebegleitende Gesten als Konzeptaktualisierung: eine kontrastive und multimodale Analyse instrumenteller Handlungen
9.15‐10.00 Elisabeth Zima (Universität Freiburg): Englische Bewegungskonstruktionen und ikonische Gestik in der Interaktion – eine multifaktorielle Studie
10.00‐10.30 Kaffeepause
Datensitzung
10.30‐12.00 Jörg Zinken (IDS Mannheim): Vorstellung der Daten
12.00‐13.15 Mittagspause
Sektion D: Konversationelle Semantik
13.15‐14.00 Hans C. Boas (Texas, Austin): Frames und Konstruktionen im gesprochenen Texas‐Deutsch
14.00‐14.45 Jörg Bücker (Münster): Zum modalen Gebrauchsspektrum von „von mir aus“, „meinetwegen" und „wegen mir (wegen meiner)“ in mündlicher Interaktion
14.45‐15.15 Kaffeepause
15.15‐16.00 Kersten‐Sven Roth (Düsseldorf): Diskurspragmatik zwischen Kognition und Interaktion
16.00‐16.45 Robert Mroczynski (Düsseldorf): Frames in Interaktion
Lage und Anreise
Der Workshop findet in dem in der Innenstadt liegenden Haus der Universität statt. Informationen zur Anreise können dem folgenden Link entnommen werden: http://www.hdu.hhu.de/kontakt-und-service/kontaktanfahrt/lage-und-anreise-haus-der-universitaet-d-innenstadt.html
Anmeldung
ZuhöhrerInnen und Gäste sind herzlich eingeladen. Bitte beachten Sie aber, dass eine Teilnahme an dem Workshop *nur nach Voranmeldung* möglich ist.
Die Teilnahmegebühr beträgt 20,- EUR (Versorgung mit Getränken und Snacks in den Pausen eingeschlossen); sie kann vor Ort bar entrichtet werden. Die Anmeldung ist verbindlich.
Bitte schreiben Sie eine Anmeldungsmail an:
Die Mail sollte Ihren Namen, den Titel des Workshops, Ihre Herkunftsuniversität und Ihren Status (Studierender, Dozierender) beinhalten. Vielen Dank!