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Sprachverstehen und Textinterpretation

Dietrich Busse: Sprachverstehen und Textinterpretation

Das Buch ist der Darstellung und Diskussion der sprachtheoretischen Grundlagen einer Erklärung von Sprachverstehen und Textinterpretation gewidmet und zwar aus der spezifischen Sicht der heutigen Sprachwissenschaft. Es geht aus von der Leitfrage, welchen Beitrag die gegenwärtige Linguistik zur Lösung offener Fragen leisten kann, die für jede Theorie und Methode des Verstehens und der Interpretation von Texten bzw. der Explikation von sprachlichen Bedeutungen aufgeworfen sind.

Mit der Interpretation von Texten beschäftigen sich in unserer Gesellschaft die verschiedensten Disziplinen und Instanzen. Neben der eher akademischen Textinterpretation, wie sie etwa in der Literaturwissenschaft und der Historiographie stattfindet, und anderen Formen wissenschaftlicher Bedeutungsexplikation, wie sie etwa in der politik- und sozialwissenschaftlichen Sprachanalyse betrieben werden, gibt es gesellschaftliche Bereiche, in denen das Auslegen von Texten und das Explizieren der Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke Teil einer äußerst praktischen, auf konkrete Ziele gerichteten Arbeit sind: dies gilt vor allem für die Theologie und die Jurisprudenz.

Gerade im Kontext etwa juristischer Auslegungsarbeit an Gesetzestexten sind immer wieder Fragen aufgetreten, welche die sprachtheoretischen Grundlagen der Textinterpretation und
Bedeutungsexplikation betreffen und zu deren Beantwortung die jeweiligen Fachvertreter die Unterstützung der Sprachwissenschaft erhoffen. Dies sind Fragen wie: Versuchen wir, wenn wir einen Text interpretieren, eine „Mitteilungsabsicht“ eines Textautors herauszufinden, oder gibt es eine „objektive Textbedeutung“, die vom Meinen des Autors unabhängig ist? Kann man die Bedeutung sprachlicher Zeichen (von Wörtern, Sätzen, Texten) überhaupt „objektiv“, d.h. zweifelsfrei und eindeutig „feststellen“, oder liegt in jeder Textauslegung ein „subjektives“ Moment, das von den Textverstehenden und Interpreten an die Texte herangetragen wird? (Und wird dann möglicherweise die Bedeutungsfeststellung zu einer -festsetzung?) Welche Rolle spielen die „Kontexte“, in denen ein Text oder seine Auslegung steht, für das Textverstehen bzw. für die Textinterpretation und für die Explikation der Bedeutung einzelner Ausdrücke (z.B. Gesetzesbegriffe)? Geht das „Interpretieren“ bzw. „Auslegen“ von Texten über das unmittelbare erste „Verstehen“ hinaus und kann bzw. darf es darüber hinausgehen? u.a.m.

Die vorliegende Arbeit versucht, auf solche Fragen eine fundierte Antwort zu geben, indem sie sich mit den bisherigen linguistischen Bedeutungstheorien sowie der neueren Textlinguistik ebenso auseinandersetzt wie mit den Ergebnissen der neuesten linguistischen, sprachpsychologischen und kognitionswissenschaftlichen Verstehensforschung. Sie zielt dabei auf eine genuin interpretative bzw. verstehensorientierte Semantik, deren Grundlagen sie klären will. Damit ist eine solche Semantik gemeint, welche nicht nur Methode der Bedeutungsbeschreibung ist, sondern die einen Beitrag gerade zur Bedeutungserschließung von in ihren Bedeutungen noch nicht erhellten Sprachmanifestationen leistet. In Frage steht dabei gerade auch, ob von einer linguistischen Semantik überhaupt Beiträge zur Erschließung von Bedeutungen vor und unabhängig von einem intuitiven Erstverstehen von Texten erwartet werden können. (Einen solchen Beitrag erwarten etwa die juristischen Interpretationstheoretiker, denen es gerade um die Möglichkeit der objektiven Feststellbarkeit von Gesetzesbedeutungen geht.)

Die Arbeit richtet sich an alle Interessenten, die an Fragen der Textinterpretation und Bedeutungsexplikation interessiert sind, also etwa Linguisten, Literaturwissenschaftler, Theologen, Historiker, Juristen, Philosophen, Politologen, Psychologen u.a. Bei ihrer Abfassung ist Wert darauf gelegt worden, dass trotz einer an den Grundlagen der Sprachtheorie ansetzenden Argumentation (zu Themengebieten wie Semantik, Interpretationstheorie, Verstehenstheorie, Texttheorie und Kommunikationstheorie) die Ausführungen auch für Nicht-Linguisten jederzeit verständlich bleiben.

Dietrich Busse:

Sprachverstehen und Textinterpretation.

Grundzüge einer verstehenstheoretisch reflektierten interpretativen Semantik.

Wiesbaden: Springer VS 2014, 418 S.

 

Das Buch ist eine gründlich überarbeitete, aktualisierte und vor allem stark erweiterte Neuausgabe von:

Textinterpretation. Sprachtheoretische Grundlagen einer explikativen Semantik.
Opladen: Westdeutscher Verlag 1991.

Zwei ganze Kapitel und acht Unterkapitel sind hinzugekommen vor allem zu Aspekten des Zusammenhangs von Sprache und verstehensrelevantem Wissen, zur Analyse des verstehensrelevanten Wissens sowie zum Verhältnis der Sprachverstehenstheorie zu Hermeneutik, Zeichentheorie und Dekonstruktivismus.

Inhaltsverzeichnis (pdf)

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