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Literarische Alter(n)sforschung

Das „Alter“ ist nicht nur eine biologische und soziale, sondern auch eine kulturelle Tatsache und als Objekt der Verhandlungen zwischen Wissensdiskursen ein ebenso heterogenes wie problematisches Phänomen, das von Werturteilen und Weltanschauungen bestimmt wird. Es werden literarische Zeugnisse verschiedener Epochen im Hinblick auf die Darstellung alter Menschen und die Reflexionen des Alters als Phänomen und als Problem innerhalb verschiedener Gesellschaftsformen untersucht. Ein Vergleich soll anhand von drei verschiedenen Epochenumbrüchen vorgenommen werden und so synchrone mit diachronen Perspektiven verbinden: Anhand exemplarischer Texte sollen die Formen der literarischen Altersrepräsentation und -konstruktion

  1. nach dem Zerfall des „ganzen Hauses“ um 1800
  2. unter den Bedingungen der beschleunigten Industrialisierung nach 1900
  3. zur Jahrtausendwende 2000 untersucht werden.

Ausgehend von einem weiten Kulturbegriff, der Kultur als Gesamtheit der symbolischen Produktionen versteht, werden die literarischen Texte im Rahmen einer kulturwissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft unter Einbezug der Gedächtnis- und Erzählforschung mit semiotisch-hermeneutischen und diskursanalytischen Methoden unter folgenden Gesichtspunkten analysiert: Wohn- und Lebensformen alter Menschen, Verhältnis zur Familie und zur Generationenfolge, prägende soziale Rollen, Re-Konstruktion und Sinngebung der eigenen Biographie angesichts der Abnahme von Lebensalternativen, Erinnerungskultur (persönliche, kulturelle und nationale) im Alter, Alterslektüre, Verhältnis alter Menschen zu ihrem Körper, zu Krankheit und Tod (dem Tod des anderen, dem bevorstehenden eigenen Tod), Geschlechterdifferenzen bei der Wahrnehmung von alten Menschen und bei der Beurteilung von Altersliebe und -leidenschaft („der verliebte Alte“: eine komische Figur, „die verliebte Alte“: eine groteske oder tragische Figur?), Altersreligiosität und Hinwendung zu Unsterblichkeitsmythen, Altersutopien. Ziel des Projekts ist es, durch die systematische Erfassung, Analyse und Interpretation literarischer Zeugnisse verschiedener Zeiten, Orte und Gesellschaftsformen den kulturellen Wandel von Alterskonzeptionen zu erschließen, Aussagen über die Qualität sozialer Identitätserfahrungen im Alter zu machen und die implizierten Wertkriterien offen zu legen.

Das Projekt ist Teil des Forscherverbundes Alter[n]skulturen der Philosophischen Fakultät.

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