Zum Inhalt springenZur Suche springen

HEINspiel

Das HEINspiel ist ein Schreibwettbewerb der Fachschaft Germanistik.
Teilnehmen dürfen alle Studierenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dies umfasst folglich alle Bachelor-, Master-, und Promotionsstudiengänge. 

Du wolltest schon immer Deine Gedanken zu Papier bringen?
Dann mach mit bei HEINspiel. In den Kategorien Lyrik und Prosa kannst Deine Gedanken literarisch ausdrücken und mit viel Glück einen unserer drei Preise gewinnen.
Wann die Fachschaft wieder zum literarischen Schreibgefecht aufruft, erfährst Du auf dieser Seite.

Veranstaltungsarchiv

WS 2011/12

Prosa

Das kleine Mädchen vergrub seine Füße im nassen Sand. Allenthalben brauste eine Welle heran und gab sie wieder frei, nur damit sie von Neuem in die teigige Masse gebohrt wurden. Es gluckste vergnügt, als der Schlamm seine Füße abermals mit einem lauten Schmatzen verschluckte. Das Kind reckte die Arme in die Höhe und verschränkte sie hinter dem Kopf. Die nächste Welle näherte sich.

Es war ein heißer Tag, so heiß, dass man sich selbst im Schatten des Sonnenschirms noch jedem einzelnen der vierunddreißig Grad Celsius hilflos ausgeliefert fühlte. Sie seufzte und nahm sich eine weitere Limonade aus der Kühlbox. Sie hantierte ungelenk mit dem Flaschenöffner am Kronkorken des eiskalten Getränkes, schaffte es nach endlosen Sekunden schließlich ihn zu entfernen und setzte die Flasche hastig an die Lippen. Sie schloss die Augen und verfolgte genüsslich jeden einzelnen Tropfen der Flüssigkeit auf seiner Reise durch ihre Speiseröhre. War das herrlich. „Mach mir auch eine auf, Rita!“, forderte eine quäkende Stimme neben ihr. Sie öffnete die Augen. Das kleine Mädchen stand neben ihrem Klappliegestuhl und schürzte ungehalten die Lippen. „Wie sagt man, wenn man etwas haben möchte, Susi?“ Der bockige Gesichtsausdruck des Kindes hinter der roten Sonnenbrille veränderte sich zu einer nachdenklichen Grimasse. „Bitte.“, murmelte sie dann, „Ich hab so Durst.“ Rita lächelte zufrieden und kam ihrer Bitte nach.

Ihre Schwester war eine kleine Diva und oft leidlich unverschämt, aber sie war wohlerzogen und lieb, wenn man mit ihr umzugehen wusste. Sie reichte der Vierjährigen die geöffnete Flasche, „Trink langsam, Schätzchen, sonst bekommst du Schluckauf.“ „Ja, ich weiß.“, erwiderte ihre Schwester, schob sich mit ihrer winzigen Hand die Sonnenbrille in die blonden Haare und ließ sich auf das große blaue Strandtuch neben dem Klappstuhl fallen, „Ich bin ja kein Baby.“ Rita lehnte sich zurück, „Nein, aber dafür bist du ein kleiner Quälgeist.“ Susi streckte ihr die Zunge heraus. Eine Weile saßen sie still nebeneinander. Es war der 11. Juli 1959, Hochsommer also, und der Strand war von Menschen übersät. Dort, wo Susi eben noch ihre Füße gebadet hatte, waren mittlerweile zwei kleine Jungen bemüht eine Sandfestung zu errichten, deren Mutter ihnen von Weitem zurief, dass sie es ja nicht wagen sollten diesen Dreck auf die mitgebrachte Stranddecke zu tragen, während sie den Rücken ihres Mannes mit Sonnenöl versorgte. Die beiden nahmen keine Notiz von den Mahnungen ihrer Mutter. Ritas Blick fiel auf ihre Schwester, die im Schneidersitz auf dem Strandtuch saß, die halbgeleerte Limonadenflasche in den kleinen Händen balancierend und den Blick versonnen auf die beiden Jungen gerichtet. „Komm, gib mir die Flasche, Schätzchen, ich passe darauf auf, solange du spielst.“, bot sie dem Kind an und wollte nach der Flasche greifen, aber das Mädchen wich der Geste aus. „Ich will nicht mit denen spielen. Die sind immer gemein zu mir und lachen.“, sagte es leise. Rita stutzte und sah wieder zu den beiden Knaben. Susi hatte Recht, sie kamen ihr bekannt vor. Gestern Abend, als die Schwestern gemeinsam mit ihren Eltern beim Abendessen in der Strandgaststätte saßen, war diese Familie auch dort gewesen. Die beiden Bengel waren fürchterlich ungezogen und der Vater hatte die Zwei zur Strafe schließlich auf ihr Zimmer gebracht und ihnen höchstwahrscheinlich eine saftige Tracht Prügel erteilt. Sie schüttelte den Kopf, „Nein, mit denen solltest du wirklich nicht spielen.“ Sie nahm ihrer kleinen Schwester die Sonnenbrille aus den Haaren und strich ihr über den Kopf: „Und lass dich nicht ärgern. Die sind es gar nicht wert, dass du dein hübsches Gesicht verziehst.“ Das Kind lächelte, griff sich die Sonnenbrille aus der Hand der älteren Schwester und zog sie wieder auf: „Können wir ein bisschen Musik hören?“ „Aber sicher.“, erwiderte die Ältere und drehte sich zu der großen Korbtasche um, in der das neue Transistorradio verstaut war, das der Vater ihr zu ihrem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Sie blickte hinein und stellte fest, dass es nicht dort war. Der Backfisch, wie ihre Mutter Rita und ihre Altersgenossinnen bezeichnete, wunderte sich. Sie hatte es auf dem Zimmer ganz bestimmt in diese Tasche gepackt. Sie überlegte. Sie musste es auf dem Bett stehen gelassen haben. Wie ärgerlich. Sie nahm die Tasche und legte sie sich über die Schulter, während sie aus dem Liegestuhl aufstand. Das Mädchen in dem gelben Schwimmkleid mit den sich überkreuzenden Trägern, das die Mutter für die beiden Töchter gleichermaßen hatte anfertigen lassen, sah zu seiner Schwester hoch. „Was machst du, Rita?“, fragte es beunruhigt. „Susi, magst du einen Moment hier sitzen bleiben und wie ein großes Mädchen auf unsere Sachen aufpassen? Ich muss nur eben das Radio aus dem Hotel holen, ich habe es nicht mitgenommen. Du musst nur hier sitzen bleiben und warten, ich beeile mich auch und bin ganz schnell wieder bei dir.“, antwortete die brünette junge Frau der Kleinen beschwichtigend. „Ich weiß nicht.“, nuschelte das Kind. „Was hälst du davon, wenn ich uns beiden auf dem Rückweg eine Portion Eis mitbringe?“ Die Gesichtszüge hinter der roten Sonnenbrille, die sich eben noch in unzähligen Sorgenfalten verdunkelt hatten, klarten wieder auf. „Au ja, ein Eis!“, rief Susi verzückt, „Ich möchte Erdbeereis, bringst du mir Erdbeereis mit, Rita? Bitte!“ Sie klatschte in die kleinen Hände und schob ihre ältere Schwester danach energisch in Richtung der Strandpension.

Die Tasche war durch das Kofferradio schwerer und Rita musste sich deshalb zur Seite neigen. Das machte es nicht unbedingt leichter die beiden Eistüten zu balancieren, die sie gekauft hatte. Aber der Weg zum Strand war nicht mehr lang. Je näher sie dem Strand jedoch kam, umso lauter schien es zu werden; sie wurde nervös und hob den Kopf gerade rechtzeitig, um inmitten eines Menschenauflaufes dasselbe helle Gelb aufblitzen zu sehen, das auch ihr eigenes Badekleid besaß. Sie verlor die Beherrschung und rannte los; dass sie dabei das Eis fallen ließ, merkte sie nicht.

Die Schwester öffnete die Zimmertür, den Speisewagen vorsichtig hinter sich hereinrollend. Diese Patientin war unkompliziert, eine stille alte Dame, die im Gegensatz zu den anderen demenzbedingten Pflegefällen dieser Station nie Wutausbrüche hatte. Sie war immer sehr in sich zurückgezogen, aber noch recht selbstständig bei den meisten Handlungsabläufen. Auch jetzt saß sie auf ihrem Bett, die dunklen Augen leer und ohne einen Fixpunkt. „Hallo, Frau Weber.“, begrüßte die Schwester die ältere Frau ohne eine Antwort zu erwarten, „Sehen Sie, wo es heute so warm ist, dachten wir uns, Sie würden sich über eine schöne Portion Eiscreme freuen.“ Sie zog den Speisewagen heran und klappte den Tischaufsatz der Nachtkonsole vor der alten Dame aus. Sie rührte sich nicht. Die Schwester seufzte. „Möchten Sie Vanille- oder Erdbeereis?“, fragte sie, griff dabei bereits nach einer Schale und erschrak, als die Patientin mit ihrer lange ungenutzten Zunge antwortete: „Erdbeereis, bitte. Für Susi.“

Über die Wangen der alten Dame rannen Tränen.

Ein über die Niederlage seiner Mannschaft tieftrauriger Fußballfan verließ mit einer unscheinbaren Plastiktüte in der Hand das Fachgeschäft für Suizidanten. Ein hagerer Mann im schwarzen Anzug betrat es wenig später. Er ging zum Tresen, wo der fröhliche Verkäufer sofort auf ihn aufmerksam wurde. „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, fragte er. „Nun, ich kaufe das erste Mal bei Ihnen ein“, begann der Kunde. „Ah, nun, ich kann Ihnen kurz unser Sortiment zeigen, um Ihnen einen Überblick zu verschaffen.“ „Wenn Sie so freundlich wären“, sagte der Kunde. „Nun, wir hätten hier drüben eine große Auswahl an Stricken“, sagte der Verkäufer und präsentierte dem Kunden mehrere Stricke von unterschiedlicher Farbe und Länge. „Wir bieten verschiedene Durchmesser an, je nach Gewicht. Und natürlich auch unterschiedliche Qualität, die günstigsten kosten um die 600 Euro, aber Sie sollten schon mit tausend bis 1.300 rechnen. Besonders zu empfehlen ist das Modell „Happy End“, das wird von vielen Experten empfohlen, ich benutz es selbst gern.“ „Ich dachte eigentlich eher an etwas anderes“, sagte der Kunde. „Nun gut“, sagte der Verkäufer und tippelte fröhlich in den hinteren Bereich des Ladens, während er weiter sprach. „Wir haben auch eine exquisite Auswahl an Haartrocknern, Toastern und anderen Gerätschaften, die Sie für ein letztes Bad mit in die Wanne nehmen können.“ Der Verkäufer präsentierte dem Kunden ein großes Regal, das mit allen möglichen Geräten in sämtlichen denkbaren Preisklassen gefüllt war. So gab es die meisten Geräte auch vergoldet und mit Diamanten besetzt und auf der jeweiligen Verpackung stand „Für einen glänzenden Abgang“. „Besonders zu empfehlen wäre da der Toaster der Marke „Brutzel“ im handlichen Format, bei Bedarf auch mit aufgedrucktem Kruzifix und extralangem Kabel für den Fall, dass Sie im Badezimmer keine Steckdose haben, ich benutze ihn selbst gern. Sollte das Kabel dennoch zu kurz sein bieten wir auch preiswerte Verlängerungskabel an. Die eignen sich auch zum Erhängen, falls Sie ihre Meinung noch kurzfristig ändern sollten.“ „Das ist eigentlich auch nicht ganz das, was ich suche“, sagte der Kunde leise. „Ich verstehe, Sie bevorzugen, bekleidet aufgefunden zu werden und in einem Stück“, sagte der Verkäufer lächelnd. „Folgen Sie mir nach nebenan, wir haben da genau das richtige für Sie.“ Er führte den Kunden in das Nebenzimmer, dessen Wände mit Regalen voller Tablettenschachteln und Medikamentenfläschchen voll gestellt waren. Ferner gab es noch eine gewöhnliche Personenwaage. „Wir haben hier eine ausgezeichnete Auswahl an hochwirksamen Medikamenten, die Sie im herkömmlichen Handel nicht ohne ärztliches Rezept erhalten. Sie erhalten die gewünschten Medikamente in jeder beliebigen Menge, allerdings müssen Sie dafür den vollen Preis bezahlen, da die Krankenkassen für gewöhnlich keine Kosten übernehmen. Wenn Sie die tödliche Dosis eines Medikaments berechnen möchten, müssten Sie kurz hier auf die Waage steigen und ich könnte Ihnen dabei behilflich sein. Besonders zu empfehlen, weil günstig und in geringer Menge wirksam, ist das Schlafmittel „Licht aus!“. Auch sehr gut verträglich, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass Sie sich übergeben könnten, bevor die Tabletten wirken. Wahlweise gibt es auch welche mit Erdbeer- oder Bananengeschmack. Köstlich, ich genehmige mir selbst gern welche.“ „Nein, das ist alles nicht das, was mir vorschwebt“, sagte der Kunde. „Haben Sie keine Schusswaffen im Angebot?“ Der Verkäufer vergrößerte sein Lächeln und seine Augenbrauen machten Luftsprünge. „Ah, ein Kenner! Folgen Sie mir!“ Er führte den Kunden wieder zurück in den eigentlichen Verkaufsraum und schloss dort eine Glasvitrine auf, die eine stattliche Auswahl an Pistolen enthielt. „Wir müssen sie in der Vitrine aufbewahren, aus Sicherheitsgründen“, sagte der Verkäufer. „Wie Sie sehen haben wir eine Auswahl wie Sie sie sonst nur im Krieg finden können. Zu jeder Waffe haben wir auch einen passenden Schalldämpfer, falls Sie Ihre Nachbarn nicht aufwecken wollen. Wir führen auch gebrauchte Exemplare in tadellosem Zustand, die deutlich kostengünstiger sind als Neuware. Aus Sicherheitsgründen dürfen wir die Waffen nur mit einer Patrone verkaufen, daher würde ich Ihnen noch unsere kostenlose Broschüre über richtiges Zielen ans Herz legen, damit auch alles glatt geht.“ Der Kunde suchte sich einen Revolver aus, der groß und schwer genug war, um damit einen Stier erschlagen zu können und der Verkäufer holte diesen aus der Vitrine und verschloss sie dann wieder ordnungsgemäß. „Sie werden sehen“, sagte er, während sie zur Kasse gingen, „das ist eine Anschaffung fürs Leben. Also Ihr Leben. Sie haben eine exzellente Wahl getroffen. Das macht dann 1.270 Euro und 99 Cent. Zahlen Sie bar oder mit Karte? Ratenzahlung ist leider nicht möglich.“ „Ich zahle bar“, sagte der Kunde und zahlte bar. Der Verkäufer gab ihm sein Wechselgeld. „Möchten Sie eine Tüte oder geht es so?“ „Es geht so, danke“, sagte der Mann und nahm den Revolver an sich. „Dann vielen Dank für Ihren Einkauf. Empfehlen Sie uns weiter oder beehren Sie uns wieder!“ Der Kunde richtete daraufhin seinen Revolver auf den Verkäufer. „Geld her oder Sie sind tot!“ Der Verkäufer verharrte einen Moment und zog dann seinerseits eine Pistole unter dem Tresen hervor, womit er dem Kunden in den Kopf schoss, bevor dieser überhaupt begriff, was vor sich ging. Der Verkäufer schaute auf die Leiche hinab und schüttelte den Kopf. „Ich muss mich immer wieder wundern, was für skrupellose Menschen es gibt.“

Es war einmal ein junges Mädchen, dessen Eltern früh gestorben waren. Es lebte in einem kleinen Dorf und die Menschen dort hatten es sehr gern. Es arbeitete jeden Tag hart auf dem Feld und nähte die Löcher in den Hosen der Jungen. Es wusch mit den anderen Mädchen die Wäsche im Fluss und molk die Kühe, damit jeden morgen frische Milch auf dem Tisch stand. Die Kinder des Dorfes mochten es sehr, denn es erzählte die fantastischsten Geschichten von wilden Monstern und schönen Rittern. Doch obwohl es so freundlich umsorgt wurde, fühlte sich das Mädchen sehr einsam. Als es eines Tages wieder die Wäsche im Fluss wusch, entdeckte es dort einen Stein. Es hatte ihn noch nie dort gesehen und auch die anderen Mädchen kannten ihn nicht. Es war der schönste Stein, den das Mädchen jemals gesehen hatte und er strahlte so eine Ruhe aus, dass es sich sofort in den Stein verliebte. So blieb es jeden Tag länger am Fluss um die Wäsche noch sauberer zu waschen, doch der Stein beachtete es nicht. Das Mädchen flocht sich Blumen ins Haar und trug stets die besten Kleider, doch der Stein würdigte sie keines Blickes. Es kam jetzt öfter zum Fluss und versuchte den Stein mit allen Mitteln auf sich aufmerksam zu machen. Es sang kunstvolle Lieder und erfüllte mit ihrer glockenhellen Stimme die ganze Luft. Die Leute des Dorfes waren wie verzaubert, doch der Stein hörte es nicht. "Sie ist verliebt", sagten die Mädchen und freuten sich. Doch das Mädchen verbrachte nun den ganzen Tag am Fluss. Die Kühe wurden nicht gemolken und die Hosen der Jungen waren voller Löcher. "Sie arbeitet nicht", sagten die Alten. Doch das Mädchen hörte sie nicht. Es kam nun auch nachts und tanzte im Mondenschein für den Stein. Doch er schlief und sah es nicht. Es buk die leckersten Kuchen und briet das zarteste Fleisch, doch der Stein nahm nichts von ihm an. Seit Wochen hatte das Mädchen nicht gegessen, nicht geschlafen und nicht gearbeitet. Es war sehr traurig und so ging es eines Abends zu dem Stein. Es erzählte ihm von seinem Leben und vom Tod ihrer Eltern. Doch der Stein hörte nicht zu. Da wurde das Mädchen wütend. Kurzerhand steckte es den Stein in seine Tasche und trug ihn heim. "Nun muss er mich lieben, denn er kann nicht weg. Ich werde ihm ein schönes Zuhause und so viel Liebe geben, wie ich kann", dachte das Mädchen glücklich. Dort angekommen legte es ihn auf die Fensterbank, damit er hinaus schauen konnte. Jeden Tag kochte und sang es für ihn. Es tanzte durch das Haus und schwang seine Röcke, doch der Stein sah aus dem Fenster und beachtete es nicht. Es drückte ihn an sich, doch der Stein blieb hart und kalt. Da stellte sich das Mädchen vor den Stein und sagte: "Stein, hör mir zu und hör gut zu." Und dann erzählte das Mädchen, wie gern es den Stein hatte und dass es mit ihm zusammen bleiben wollte, bis sie beide alt und grau wären. "Und was sagst du, Stein?", fragte das Mädchen und blickte den Stein mit großen Augen an. Doch der Stein blieb stumm. Da kamen die Alten zu dem Mädchen und sagten: "Du hast aufgehört zu schlafen. Du hast aufgehört zu essen. Und du hast aufgehört zu arbeiten. Du versuchst einem Stein zu gefallen, der dich nicht will. Gib ihn auf." Da fing das Mädchen schrecklich an zu weinen und konnte und wollte für drei Tage und Nächte nicht aufhören. Es klagte dem Stein sein ganzes Leid, doch er hörte nicht zu. Als seine Tränen versiegten, war das Herz des Mädchens gebrochen. Es war müde und wollte aufgeben. Doch da merkte es, dass der Stein durch all die Tränen weich geworden war. Es drückte ihn an sich und fühlte, wie der Stein langsam warm wurde. Da weinte das Mädchen vor Freude noch mehr. Von da an versuchte es noch inbrünstiger dem Stein zu gefallen, doch immer wenn der Stein sich abwandte, weinte es verzweifelt. Jedes Mal erweichte es den Stein. Das machte das Mädchen glücklich, doch hörte es wieder auf zu weinen, wurde der Stein wieder hart und kalt. So weinte es immer mehr. Es wollte nicht mehr aufhören vor Angst, der Stein würde für immer hart bleiben, wenn es zu lange nicht weinte. Die Menschen aus dem Dorf sahen dem Mädchen in seinem Treiben zu, schüttelten die Köpfe und wandten sich nach und nach ab. Heute ist dort kein Dorf mehr, denn die Menschen sind schon lange fort gegangen. Nur ein Haus steht noch da. Es ist ein bisschen schief, die Farbe ist verblichen und durch die schmutzigen Scheiben schimmert nur blass das Licht einer Kerze. Doch schaut man etwas genauer hin, sieht man auch heute noch eine alte Frau, die einen Stein fest umschlungen hält und bitterlich weint.

Lyrik

Verfallen schwärzend Blättertal

Mit Efeu uns vertreibend

Des Gottes Hass, Ohnmächtigkeit

Gedanken uns beneidend 

 

Ein lieblich blickend Rosgewächs

Erschaffet meinen Reigen

Verschlungen fester Dornenkranz

Gegoren Saft zu zeigen

 

Brausend stehend in dem Wind

Treibend ihn mit Zügen

Ein End, das eine Hoffnung kennt

Verwickle mich in Lügen

 

Bebend liegend in der Erd

Empfangend sie in Scharen

Ein Pfad, der keine Grenzen spart

Erlöse dich in Jahren

 

Ein schrecklich ahnend Gabelzweig

Verwüstet deine Linden

Errungen leichter Blütenglanz

Gewachsen Frucht zu finden

 

Entstanden grünend Wiesengrund

Mit Blumen uns umhüllend

Des Menschen Trost, Glückseligkeit

Gefühle uns befüllend

Die Pantomime, kleines Kind, 

ist eine große Frau, 

die Gesten spinnt. 

Sie zieht sich ihre Handschuh' an, 

sie weißelt ihr Gesicht, 

das was sie fühlt, das sieht man nicht. 

Und wenn schon ihre schwarze Träne 

kontrastiert mit dem Gemalten, 

so webt der Mund stets kleine 'O's, 

die zu den Händen oft verspielt, 

wenn schon nicht passend, dann gewagt, 

zum Ausdruck bringen, was sie sagt; 

stets schweigt sie wenn sie spricht. 

 
 

Die Pantomime, kleines Kind, 

ist eine große Frau, 

die Gesten spinnt. 

Denn ohne viel zu sagen, 

stumm gewebt in jeden Blick, 

mit Gest' und Hast, als wär's ein Trick, 

liegt in ihrem Schweigen stets 

ein wunderlicher Tanz, ein Licht, 

da niemand hört und alle sehn, 

den Ausdruck, der gewagt, doch schlicht, 

der Hände engen Raum begleitet, 

und man erstaunt, berührt verzagt, 

belächelt dieses Sprach-Geschick.

nimm mich mit bei der Hand
wie ein Aar über Seen und Auen
nimm mich über Berg und Land
lass die Augen mit dir schauen

renn mit mir wie der Wind zieht
so Bäume die Wipfel schwingen
wie der Knabe von Eltern flieht
lustig hüpfend, laut am singen

schwinge Rock und Hut im wind
und meine Glieder ruf ich wach
so deiner Hand an meiner bind
bring mich fort zum alten Bach

an die Schulter spielt dein haar
und es haucht dein Haaresduft
nichts außer dein nehm ich wahr
und rufe dich aus frischer Brust

immerfort und immerfort
halte bitte nicht mehr an
zur Sonne hin bring mich dort
und lass mich los nur dann

lass uns laufen bis Sonne sinkt
dass sie strahlt nicht mehr stark
wenn sie erst zum Abschied winkt
dann liegen wir im Blumenpark

lass die Berge über uns singen
und alle Vögel uns beneiden
lass die Blumen uns umringen
wenn sich Hände überschneiden

nimm mich mit bei der Hand
wie ein Aar über Seen und Auen
nimm mich über Berg und Land
lass die Augen mit dir schauen

WS 2010/11

Prosa

11 Uhr und 16 Sekunden. Ich starre auf meine Armbanduhr und bin mit ihrer Konklusion bezüglich der Zeit nicht einverstanden. Es stimmt zwar höchstwahrscheinlich, dass es 11 Uhr 16 ist, aber das heißt nicht, dass man das auch als Realität akzeptieren muss. Mir wäre es zum Beispiel lieber, es wäre später. Spät genug, um kurz vor Feierabend zu sein. Wenn alle Uhren auf der Welt eine spätere Zeit anzeigten, würden die Menschen es glauben, auch wenn es nach dem Stand der Sonne nicht sein könnte. Schließlich ist es wahrscheinlicher, dass sich die Sonne irrt, als dass sich alle Uhren auf der ganzen Welt gleichzeitig irren.

Dumm nur, dass man nicht einfach so alle Uhren umstellen kann. Man müsste der Weihnachtsmann sein, der könnte das. Ich stelle fest, dass erst April ist. Wäre man also der Weihnachtsmann, hätte man jetzt sowieso frei und bräuchte die Uhren gar nicht umzustellen. An Weihnachten arbeiten zu müssen, würde mir aber auch nicht gefallen. Außerdem gibt es den Weihnachtsmann nicht. Das heißt, gäbe es mich nicht, wäre es egal, welche Zeit es ist, weil ich so oder so nichts tun müsste. Ich würde nicht hier sitzen. Ich wünschte, es gäbe mich nicht.

Vielleicht ist die ganze Welt nur meine Einbildung. Bin ich allmächtig? Kann ich den Lauf der Dinge verändern? Ich stelle mir vor, mein Lehrer würde sich selbst mit einer E-Gitarre totschlagen. Das Blut würde auf die Blätter auf dem Pult spritzen. Und auf die Tafel. Mein Lehrer tut es nicht. Vielleicht ist es auch physikalisch unmöglich, sich selbst mit einer Gitarre totzuschlagen. Ich stelle mir also statt der Gitarre einen Rasenmäher vor. Der Lehrer tut es nicht. Dabei wünsche ich es mir so sehr. Ich nehme an, dass ich die Welt wohl doch nicht beeinflussen kann. Ist die ganze Kacke also doch echt…

Obwohl ich nicht an ihn glaube, wende ich mich an Gott. Er möge mir doch bitte helfen und einen Blitz schicken, der meinen Lehrer trifft oder meinetwegen auch mich, Hauptsache, das Ganze hat ein Ende. Gott unternimmt nichts. Er hat uns schließlich nach seinem Ebenbilde erschaffen und da jeder normale Mensch bis eins schläft, ist der Herr wohl noch im Bett. Deswegen bekommt er auch nicht mit, dass ich hier sitze und ihn brauche.

Ich beschwöre die Macht herauf. Dunkle Seite, helle Seite, scheißegal. Ich versuche selbst, Blitze auf meinen Lehrer loszulassen. Geht nicht. Dann versuche ich, ihn durch Telepathie durch das Fenster zu schleudern. Geht auch nicht. Offenbar nicht stark in mir die Macht ist.

Ich sammle einige Blätter und Papierschnipsel und bastle aus ihnen eine Voodoopuppe. Auf diese schreibe ich den Namen meines Lehrers. Soviel ich weiß, muss noch ein Teil von ihm in die Puppe eingearbeitet werden, damit sie funktioniert. Ein Haar oder ein Stück Hornhaut. Ich brauche nicht lange zu überlegen, um zu wissen, dass das nicht leicht zu bewerkstelligen ist. Stattdessen will ich es mit einem Stück Kreide versuchen, das er berührt hat. Da müssen ja Hautpartikel und Schweiß dran sein und die dürften ihren Zweck erfüllen.

Um meinen Plan zu schmieden, brauche ich keine ganze Minute: Ich nehme etwas Müll, wovon hier ja genug rum liegt, gehe ganz unauffällig zum Papierkorb und auf dem Rückweg an der Tafel vorbei, wo ein Stück Kreide auf mich wartet, das der Alte eben erst angepackt hat. Das lass ich dann heimlich mitgehen. Keine Sau wird was merken.

Ich versuche noch schnell, meine sämtlichen mentalen Kräfte zu mobilisieren. Es ist keine Zeit zum Schludern, ich darf nicht mehr trödeln. Ich bin jetzt ein Mann und muss mit dem Ernst des Lebens fertig werden. Das ist kein Spiel, das hier ist Krieg.

Ich stehe auf und schlendere zum Papierkorb. Niemand schöpft Verdacht. Mein teuflischer Plan scheint zu funktionieren. Ich lasse den Müll in den Eimer fallen und mache mich auf den Weg zurück zu meinem Platz. Ich fokussiere das Stück Kreide. Der Alte steht mit dem Rücken zur Tafel, er wird nichts bemerken. Närrischer alter Mann! Sein Schicksal ist ihm nicht bewusst. Ich nähere mich dem Stück Kreide, schwielige Finger greifen danach und schrammen damit auf der Tafel herum. Der Alte war schneller! So ein Mist. Mein ganzer Plan wurde zerstört. Ich habe den Greis unterschätzt, seine Macht ist groß. Bin ich ihr etwa gar nicht gewachsen?

Als der Alte mich mit seinen Worten zukleistert, fällt mir plötzlich auf, dass ich neben ihm stehengeblieben bin und das Stück Kreide in seiner Hand fassungslos angestarrt habe. Unter seinem Wortbombardement ziehe ich mich zurück, um meinen nächsten Angriff zu planen. Ich werde nicht kapitulieren, das wirst du noch sehen alter Mann!

Verbittert schmiede ich meinen nächsten Plan. Ich nenne ihn knapp Operation Tod dem widerlichen alten Stinkstiefel, Codename Sterbehilfe. Ich werde noch einmal nach vorne müssen. Aber diesmal muss der alte Mann richtig abgelenkt werden. Ich denke daran, irgendwelche Sachen durch den Raum zu werfen, damit er diese untersucht, komme aber zu dem Schluss, dass das nicht ausreichen wird. Es versetzt mir einen Stich ins Herz als ich feststelle, dass ich ein Opfer bringen muss. So wie einst Judas den Herrn verriet, so werde auch ich Verrat üben. Und, so wahr mir Gott helfe, die Freiheit soll meine dreißig Silberlinge sein!

Ich setze meine Aufmerksamkeitsmiene auf und fummelte unter dem Tisch mit dem Handy herum, das ich meinem Sitznachbarn aus seiner Tasche geklaut habe. Währenddessen macht mein Verstand Überstunden. Wen soll ich zu Ablenkungszwecken telefonisch opfern? Wer ist blöd genug, zu riskieren, dass sein Handy im Unterricht klingelt. Mein Blick schweift durch den Raum. Ich betrachte die ahnungslosen Gesichter und Hinterköpfe. Dumme, dumme Menschlein, wie ihr da sitzt, nicht wissend, dass euer Erlöser schon unter euch ist. Dann sehe ich sie. Diese ekelhafte Kuh, die mir einst einen Korb gab. Sie wird geopfert! Das ist fair, es soll zuerst die schlechten Menschen treffen. Sie soll einsehen, dass sie damals einen Fehler gemacht hat. Wer mit meinen Gefühlen spielt, spielt mit seinem Leben! Oder zumindest mit seinem Handy. Ich bereite mich darauf vor, leise, aber geschwind, zur Tafel zu hasten. Nur noch ein Knopfdruck. Ich drücke. Mein Herz verausgabt sich, während ich auf das Klingeln aus dem anderen Ende des Raums warte.

Dann ist es so weit. Ihr Handy klingelt. Als der alte Mann sich zu ihr umdreht, springe ich los. Ihr Klingelton – „Bad Romance“ von Lady Gaga – wird dem epischen Krieg, den ich in diesem Klassenraum ausfechte, als musikalische Untermalung nicht ganz gerecht. Doch das kümmert mich nicht. Ich kämpfe um unsere Freiheit, ja, um unser Leben, während der Feind an einer anderen Front mit Nichtigem beschäftigt ist.

Ich bekomme die Kreide zu fassen und ziehe mich wieder auf meinen Platz zurück, noch bevor der Greis der dummen Kuh ihr Handy abgeluchst hat. Ich gebe meinem Nachbarn sein Handy wieder zurück, dessen Fehlen ihm erst jetzt auffällt. Er ist etwas empört, doch damit musste ich rechnen. Der Pfad der Gerechten ist stets steinig.

Ich sehe nochmals in Richtung des Opferlamms. Sie schämt sich, ihr Kopf ist rot wie die Mütze vom Weihnachtsmann. Man muss ihre Mimik nicht gut kennen, um zu sehen, dass sie gegen die Tränen ankämpft. Das ist meine Rache und ich genieße es. Sie sieht mich an. Ich grinse. Sie begreift. Dann versucht sie, ihre Ehre zu retten. Sie erzählt dem Alten, ich hätte sie angerufen. Ich versichere ihm mit meiner seriösen Stimme, dass ich nicht mal ein Handy dabei habe und er könne mich gern durchsuchen, falls er mir nicht glaube. Der Greis wird grantig und scheißt mein Opferlamm noch mal zusammen. Ich spüre meinen Triumph. Ich habe praktisch schon gesiegt. Über alles und jeden. Als nächstes ist Gott dran, der mir nicht helfen wollte. Auch ihn wird meine Rache treffen!

Aber zunächst schiebe ich das Stück Kreide der Voodoopuppe in den Hintern. Ferner backe ich eine tote Mücke, die zufällig auf meinem Tisch liegt, noch in die Puppe ein. Vielleicht funktioniert sie mit Blut drin noch besser. So soll denn dieser abgestorbene Organismus, diese Mücke, als Katalysator für meine Schwarze Magie dienen.

Die Puppe ist vollbracht. Ich bin ja kein Experte, daher murmele ich einfach irgendwelche Laute vor mich hin, die als Beschwörungszauber dienen sollen und schaue dann mein Werk an. Nun habe ich all diese Macht in meiner Hand. Was soll ich mit der Voodoopuppe tun?

Ich durchwühle meine Federmappe, nein, mein Schwarzmagisches Waffenarsenal. Dabei lasse ich mir Zeit und Vorsicht walten. Es gibt nichts zu verlieren. Behutsam nehme ich meine magischen Folterwerkzeuge und lege sie neben die Puppe. Ein Kugelschreiber, mit dem ich sie pfählen kann. Eine Schere, um sie zu zerstückeln. Das reicht. Ich mache noch einige Lockerungsübungen bevor das magische Ritual beginnt.

Zunächst steche ich der Puppe mit dem Kugelschreiber in die Augen. Dann schaue ich erwartungsvoll hoch. Hoffe auf blutige, dunkle Löcher im Gesicht meines Lehrers. Doch was sehe ich? Dieselben glasigen Altherrenaugen, die mal hierhin, mal dorthin glotzen. Vielleicht ist mein Pfahl dieser magischen Aufgabe nicht gewachsen. Ich nehme also die Schere zur Hand und steche der Puppe damit in die Augen. Auch das hat keinen Effekt auf den Greis. Es ist, als würde er mich verspotten. Ich beginne an mir zu zweifeln. Ist vielleicht dieser alte Mann selbst ein Magier? Ist er weiser als ich? Hat er mich gar überlistet? Diese Fragen beunruhigen mich. Dennoch lasse ich nichts unversucht. Ich habe Verantwortung. Dieser Krieg darf nicht umsonst gewesen sein!

Ich schneide der Puppe zunächst einen Fuß ab. Da mein Lehrer nicht beginnt zu schreien, nehme ich an, dass sein Fuß noch da ist, wo er hin gehört. Vielleicht muss ich etwas nachhelfen. Ich stibitze meinem Nachbarn einen roten Filzstift und male den Stumpf meiner Puppe ordentlich an. Wieder schreit der Greis nicht. Ich muss mich etwas verrenken, um einen direkten Blick auf seinen Fuß werfen zu können. Aber das ist sicherheitshalber nötig. Der Fuß ist intakt und auch das Hosenbein in keinster Weise blutgetränkt.

Nach und nach schneide ich der Puppe die Gliedmaßen ab und male die Stümpfe rot an. Es hilft alles nicht. Mit Klebeband flicke ich die Puppe notdürftig wieder zusammen und reiße ihr dann wieder die Arme ab, in der Hoffnung, dass es diesmal funktioniert. Doch nichts geschieht. Ich habe als Schwarzmagier versagt. Ich habe eine Schlacht verloren, eine weitere gewonnen, habe gelitten und gefürchtet, ich habe einen Menschen geopfert – einen, der mir scheißegal ist, aber immerhin – und ich habe den roten Filzstift meines Nachbarn komplett entleert. Und all dies war umsonst. Künftige Magier werden über mich spotten. Aber ich hätte es wissen müssen. Schuster, bleib bei deinen Leisten, sagt man. Und ein Schuster ist eben kein Schwarzmagier. Vielleicht sollte ich es mit Weißmagie versuchen. Heilen. Gutes tun. Ich versuche, meine Voodoopuppe durch Magie zu reparieren. Es funktioniert nicht.

Ich muss über mich selbst lachen, wie albern ich manchmal sein kann. Heilen, Gutes tun. So ein Blödsinn. Ich nehme die Voodoopuppe und als der Lehrer gerade zur Tafel schaut, werfe ich sie durch das halb geöffnete Fenster.

Von einer unsichtbaren Kraft gestoßen, fliegt der Lehrer durch die Luft, durchstößt die dicke Glasscheibe, die in tausende kleine Kristalle zerfällt, und stürzt in die Tiefe und seinen sicheren Tod. Meine Mitschüler sind aufgebracht, manche rennen schreiend aus dem Raum. Andere laufen zum Fenster und schauen hinaus. Auch ich werfe einen Blick hinunter auf den blutigen Rest eines alten Mannes. Keiner weiß es, außer mir, dass ich das war. Und ich bin glücklich.

Als ich merke, dass ich mir das alles nur eingebildet habe, bin ich nicht mehr glücklich. Als ich dann merke, dass erst zwei Minuten vergangen sind, seit ich zuletzt auf die Uhr geguckt habe, bin ich noch weniger glücklich. Und als ich dann merke, dass mich alle anschauen, bekomme ich auch noch Angst. Habe ich etwa meinen Tagtraum laut zum Besten gegeben? Oder hat mich der Lehrer nur etwas gefragt?

„Bitte was?“, sage ich und hoffe, dass letzteres der Fall ist. Man erwacht aus einem Tagtraum und muss sofort eine Frage beantworten, die sich ungeschickterweise zeitlich mit dem Tagtraum überschneidet und vom eigenen Bewusstsein daher nicht mehr erfasst wird. Kenn ich.

Kennt der Alte auch von mir, daher rollt er nur mit den Augen und fragt jemand anders. Glück gehabt. Was nun?

Ich sehe ein Stück Kreide vorne liegen, schaue dann rüber zu der Thusnelda, die mir in Wirklichkeit nie einen Korb gegeben hat, weil ich nie mit ihr gesprochen habe (aber hätte ich das, hätte sie mir vermutlich einen gegeben), und dann auf das Handy, das meinem Sitznachbarn aus der Tasche hervorlugt. Und ich weiß sofort, was zu tun ist. Denn ich bin ein Schwarzmagier.

Programmierbarprogrammierbar
                                       Programmierbarprogrammierbar
                                       Programmierbarprogrammierbar
                                       Programmierbarprogrammierbar
                                       programmierbarprorammierbarUn-


Ich liebe den Menschen, das individuelle Wesen, die Einzigartigkeit der goldgelbsonnenbeschienen Eigenschaften. Die Macken eines Menschen machen ihn zu etwas Besonderen und seine Fehler machen ihn liebenswert.
Rötlich schimmert die Versuchung.
Jeder könnte etwas Besonderes sein. Man muss nur wollen.

                                    Wir können alles
                                    Müssen nur wollen
                                    Müssen nur wollen
                                    Müssen nur wollen
                                    Müssen nur wollen
                                    Müssen nicht wollen

Ich hasse die Masse Mensch, wie sie dunkelnebelwabernd eins sind. Massenmensch, wo gehandelt wird ohne zu denken, da wo eine Meinung übernommen wird, ohne Berechtigung. Woher nimmt sie sich die Berechtigung da zu sein und zwar für alle? Woher nimmt sie sich die Berechtigung als einzige wahre Meinung anerkannt zu sein? Dunkel schimmern Fragen ohne Antworten durch die Nacht.
Wahrheit versteckt sich im schwarzen Dunst des Undenkens.
Es wird ein Ziel erreicht, was nicht als solches erkannt wird und Leben wurde zerstört. Wer war sich dessen Zerstörung bewusst?

                        bewusst
                        gedacht
                        bewusst
                        gedacht
                        bewusst
                        gedacht
                        bewusst
                        gedacht
                        unbewusst
                        gehandelt
                        zerstört

Das Leben war einmal, rosarot hat es gestrahlt.
Unliebschaften werden über Massenmedien, Massenmenschen geführt. Wir können nichts unter einander behalten und klären.

 

                        Reflektierlos

Herdentier. Wir sind nur, wenn wir viele sind. Versteht ihr nicht, dass jede andere Meinung nicht zählt? Dass die Masse nicht auch viele Meinungen heißt, sondern eine Wahrheit oktroyiert wird?
Nur als Masse sind wir stark, wenn es so weit ist, haben wir nur noch eine Meinung.

                                   Wahrheitsfindung
                                   Bildungsmeinung
                                   Meinungsbildung
                                   Bildungsmeinung
                                   Meinungsbildung
                                   Massenmeinung

Massenkompatibel.
Niemals allein sein. Niemals allein sein.
Nur der Mensch ist bewundernswert, der es schafft auch allein zu sein. Es ist schön nicht allein zu sein, aber es ist nicht zwingend notwendig.
Bittersüßes lila durchzieht den Raum.
Splitterfraktionsterror.
Die Art niemals allein sein zu können, die Art niemals Ruhe zu finden. Terror nenne ich das, zu keinem Gedanken mehr kommen. Keine ruhige Minute, die des Denkens würdig wäre. So macht man Massenmenschen, die keinen Gedanken mehr fassen können.
Programmiertes Menschsein ?
Wie mechanisch ist der Mensch?
Gehandelt ohne zu denken.
Automatisierung des Menschen.
Wie automatisch ist der Mensch?
Gefühlskranker Schmetterling in der Spiegelwelt.
Liebe leerer Raum.

         HASS MICH                                                  LIEB MICH

                                             MAG MICH

Eine Maschine hat keine Gefühle!
Du sollst keine Gefühle haben. Gefühle machen einen unberechenbar. Lassen einen handeln nach Gefühlen und die springen aus dem Rahmen. Sie lassen Wunder zu. Im grünen Licht des Hoffnungsschimmers erschaute ich die Liebe ? rote Herzenslust.

                                       gefühlt
                                       geliebt
                                       gemocht
                                       gehasst
                                       verdammt
                                       unberechenbar
                          berechenbarberechenbar
                          berechenbarberechenbar
                          berechenbarberechenbar
                          berechenbarberechenbar
                          berechenbarberechenbarUn

Du bist eine Maschine. Du sollst doch nicht mehr sein.
Parasitäres Verhalten.
Graue Nebelschwaden töten jedweden Gedanken. Ein Staubozeanmärchen erhielt mich am Leben, ein freies Gedankensein. Bin nicht mehr als das, nur Gedanken. Ein Gedankenbündel, was es liebt sich zu erweitern und wissen aufzunehmen.
Gewissenhaftes wissendes Denken.

Auf der Suche ohne Ziel.
                                     suchend
                                     ziellos
                                     ziellos
                                     suchend
                                     weilend

Ich sehe in Gesellschaft einer großen Anzahl Fremder, der ich zwangsläufig ausgeliefert bin, gerne aus dem Fenster. Das hat nichts mit Unhöflichkeit zu tun. Es ist vielmehr eine ergiebigere Möglichkeit, Menschen einzuschätzen, als ihr Verhalten direkt zu beobachten. Ich glaube, nur die wenigsten Menschen, die je aus einem Fenster gesehen haben, haben die maßlose Schönheit dieser einfachen Glaserarbeit je wirklich zur Kenntnis genommen. Geschweige denn ihren Nutzen.

Die meisten Menschen blicken aus dem Fenster einfach nur hinaus. Ich blicke nicht hinaus. Ich nutze den Anschein des Hinausblickens weitaus lieber, um hinein zu sehen. Denn ein Fenster ist nicht bloß transparent. Je nach Lichtverhältnis ist ein Fenster sogar ein ziemlich guter Spiegel. Die innige Liaison von Licht und Glas, die mir die vielfältigsten Reflexionen beschert, bleibt den anderen Menschen jedoch verschlossen. Traurig für sie, aber umso schöner für mich, denn so behalte ich mein kleines Reich.

Auch in diesem Moment betrete ich es wieder. Ich fahre mit der Stadtbahn durch den dichten Verkehr des Großstadtmolochs, aber erfreulicherweise durch die Scheibe des Fensters geschützt vor seinem Lärm. Es ist früher Abend, die Plätze sind voll besetzt und selbst im Gang drängen sich noch einige Personen aneinander. Alle mit perfekt ins Gesicht gemeißelter Gleichgültigkeit. Doch das hält nur solange an, wie sie sich beobachtet glauben. Die Reflexion im Fenster nimmt den Moment auf, in dem sie alle sich in dem Urvertrauen auf die Anonymität des Stadtmenschen wieder ihrer selbst hingeben. Im Schnitt hält ihre Fassade exakt die ersten drei Stationen ihrer Fahrt. Wenn sie schweigen. Diese stillen Reflexionen sind mir die liebsten. Ihre Mimik ist viel spannender anzusehen. Die feinsten ihrer Ausdrucksveränderungen geben mehr über sie preis als jedes Wort von ihnen könnte. In den Augen ihrer Reflexionen lese ich ihre Geschichte, koste jeden Tropfen Emotion, den ich in ihnen erhasche, aus und labe mich daran wie die Motte am Licht. Es ist ein unvergleichliches Gefühl von Überlegenheit.

So ähnlich muss es dem Löwen gehen, der dazu ansetzt die nichtsahnende Antilope am Wasserloch anzugreifen. Ich lasse meinen Blick an den Reflexionen entlang durch den Waggon schweifen. Ein wenig entfernt von mir steht ein älterer Mann neben einem telefonierenden jungen Mädchen. Er wahrt seinen Schein gut, seine Blicke mustern die Kleine mit einer Art väterlichem Wohlwollen, eventuell hat er selbst ein Kind in ihrem Alter. Aber das Fenster lässt mich tiefer blicken. Irgendwo zwischen all diesem Wohlwollem, hinter dieser durchdachten Fassade leckt sich ein Monster über die Lippen. Es blitzt in den Augen seiner Reflexion kurz auf und rebelliert gegen seine Ketten, als er seinen Blick einen Tick zu lange auf ihrer schmalen Figur verweilen lässt. Wir alle haben dieses Monster in uns. Nicht immer das gleiche, aber es gibt in uns allen diesen dunklen Winkel, den wir nicht nach außen tragen wollen und in uns einmauern. Hübsch angepinselt und mit dem entsprechenden Auftreten wirkt dann selbst der gemeingefährlichste Wahnsinnige wie der nette Typ von nebenan.

Fassadenlesen könnte man das nennen, was ich betreibe. Obwohl es eigentlich eher ein Reflexionsscan ist. Es ist schwer zu sagen, was es genau ist. Ich habe eine obsessive Neugier an anderer Menschen tiefsten Abgründen. Aber das Dunkle in direkter Offenbarung zu erfahren wäre zu gefährlich. Es bringt einen in die Bedrängnis, dass der andere entweder versuchen wird einem das Gleiche zu entlocken oder noch Schlimmeres. Zwei Sitzreihen vor mir sitzt eine Gruppe junger Leute. Drei Frauen, ein Mann. Der junge Mann ist mit der Frau neben ihm in einer Beziehung. Sie hat sich bei ihm eingehakt. Muss unbequem sein, soviel Nähe auf so engem Raum, egal, wie verliebt man ist, die Position kann keinen Spaß machen. Aber er gibt das nicht zu erkennen. Ich verfolge seine Mimik auf der gläsernen Oberfläche und werde bald seinem Blickaustausch mit der Frau ihm gegenüber gewahr. Sein Interesse ruht also nicht auf seiner, sondern auf der Freundin. Welche Ironie, wie viel Unterschied so ein kurzes Wort wie ein Artikel ausmachen kann. Wie unerfreulich für das zierliche Wesen zu seiner Rechten. Rechts? Ich kehre visuell kurz zurück an den tatsächlichen Ort meiner Unterhaltung und überprüfe die kleine Gruppe direkt. Das glückliche junge Pärchen sitzt mit seinen beiden Freundinnen für mich schwer erkennbar, da ein Büroangestellter, der sich unmittelbar neben meinem Platz aufgebaut hat, mir die Sicht versperrt. Ich kann aber ausmachen, dass sie links von ihm sitzt. Die Reflexion kann mich einzig in diesem Punkt täuschen. Sie verzerrt die Realität in Bezug auf die Anordnung der Dinge. Aber das verwirrt mich nur noch hin und wieder.

Ich tauche wieder ein in die Galaxie der Abbildungen meiner Umgebung. Aber diesmal bleibe ich an einer Reflexion hängen, der ich mich ungern stelle. Meine Augen sind trübe und das Make-Up verschmiert. Ich sehe übernächtigt und sehr erschöpft aus. Meine Haare hängen strohig an den Seiten meines Gesichts herunter, und meine ganze Mimik ergießt sich in einem Meer aus Verzweiflung und Kummer. Auch wenn ich es bin, deren Reflexion ich in der Spiegelung des Fensters sehe, muss ich mich den Abgründen stellen. Meinen Fehlern, all der tief in mir vergrabenen Enttäuschung und dem Schmerz über verpasste Chancen. Das Unerfreuliche, vor dem ich geflohen bin, hat mich bis an den Rückzugspunkt verfolgt. Ich höre die Ansage der nächsten Station nicht, da sind zu viele Gedankendämme in meinem Kopf gebrochen gerade. Das Monster in mir hat sich aus seinen Fesseln befreit. In mir stürmt die Wahrheit wütend gegen die Fassaden an. Ich kann nicht mehr still und unauffällig beobachten. Nichts in mir ist still oder unauffällig. Aber wenn ich jetzt die Kontrolle verliere, werden sie mich stumm auswerten. Mein ganzes Wesen würde brach liegen vor dem Gericht der Allgemeinheit. Ich schlucke, versuche mich durch langsames Ein- und Ausatmen zu beruhigen. Es rauscht in meinen Ohren.

Ehe ich großartig anders entscheiden kann, greifen meine Selbstschutzinstinkte ein und ich drücke auf den Halteknopf an der Tür, warte innerlich bebend, aber nach außen noch mit enormer Fassung darauf, dass sich die Türen öffnen. Als ich endlich den Lärm der Stadt wieder vernehme und aus dem Kabinett der Reflexionen entronnen bin, wage ich erst nach einigen prüfenden Schritten und mit fast zum Erliegen gekommenen Herzschlag wieder zu atmen. Ich blicke auf die Uhr und zähle im Kopf nach. 29 Stunden, 23 Minuten, irgendwelche Sekunden. Ich schüttle den Kopf, verschränke die Arme und seufze. Haben sie also Recht behalten.

Ich besiege das Monster in mir nicht ohne Tabletten.

Lyrik

Ich rief deinen Namen, sah ein letztes Mal dein Lächeln. Immer mehr

verblasst die Erinnerung. Schlafend liegst du vor mir, atmest ganz flach und

siehst so friedlich aus.

Ich denke daran, wie der Wind mit deinem wunderschönen schwarzen Haar

spielte. Wie du deinen Kopf auf meine Schulter gebettet hast und ich in deine

blauen Augen blickte, die klarer waren als das weite Meer.

Seit Jahren hast du sie geschlossen.

Und in all diesen, brachte ich nicht den Mut auf, dich zu besuchen, erst jetzt,

wo dein Haar schneeweiß ist.

Kannst du mir verzeihen, dass ich nicht zu dir stand.

Ich frage mich, ob sie dich hier in all der Zeit gut behandelten.

Ob du wieder erwacht wärest, wenn ich jeden Tag über dich gewacht und

deine Hand gehalten hätte?

Ich schließe meine müden Augen und sehe dich vor mir, du saßt weinend

unter einem alten Baum und wolltest nicht mehr leben.

Mit meiner Frau, ging ich oft nachmittags auf diesem Wege spazieren und

ließ meinen Blick in die Ferne schweifen, bis er dich traf.

Ich konnte diesen Moment nicht vergessen und suchte noch am gleichen

Abend denselben alten Baum auf, mit der vagen Hoffnung, du seiest noch dort.

Tatsächlich hast du immer noch dort ausgeharrt, hast schrecklich gefroren und die Tränen in deinem

Gesicht wollten nicht trocknen.

Ich erschrak als ich dich anblickte und wusste, ich liebe dich.

Ich durfte dich nicht lieben, einen verlorenen Jungen, nicht älter als 16,

obgleich uns höchstens 4 Jahre trennten.

Ich musste gehen, versprach dir aber wiederzukommen, du mir, dass du leben

wolltest.

Oft sagtest du grausame Dinge über dich selbst und ich konnte dich nicht

verstehen. Was hatte man dir angetan?

Deine Lippen, sanft und weich, deine lilienweiße Haut, so glatt und rein.

Du - so schön wie eine Puppe, selbst jetzt noch, ganz anders als ich.

Gern sagte ich dir das, doch du hast mich gefragt, wer schon mit einer

kaputten Puppe spielen wolle, wer einen Vogel ohne Flügel fliegen sehen will.

Sofort schrie ich dich an, Ich wollte.

Ein flüchtiges Lächeln umspielte deinen Mund, als du mich zu Boden warfst

mit deinen Worten und meine Illusionen zerstört hast.

Dennoch lagen wir zusammen im Gras, schauten hinauf zu den Sternen,

voller Sehnsucht hast du mich gefragt, ob wir uns dort oben wohl lieben

durften. Ob dort eine andere Welt sei, die uns aus weiter Ferne an ihrer

Schönheit im Traume teilhaben lässt.

Diese Nacht gehörte nur uns beiden, ich berührte sanft diese schöne – deine

Haut. Liebevoll streichelte ich über deinen zerschundenen Körper, küsste die

vielen Narben.

Silbern perlte salziges Nass über deine Wangen.

Ich brannte darauf, unsere Seelen, unsere Körper zu vereinigen, du liest

geschehen. Ich erneuerte meine Worte der Liebe zu dir, ohne darauf zu

achten, dass du mir nie geantwortet hast.

Mir wurde klar, dass ich auch nicht anders war, ich konnte dir nicht einmal

helfen, so rannte ich davon. Deine Tränen vermischten sich mit denen des

Himmels, in ihrer Einsamkeit und Sehnsucht alle gleich.

Wochen vergingen in denen mich die Schuld quälte, ich musste dich

wiedersehen, wollte die Wahrheit, die voller Lügen war.

Ich hatte dir so wehgetan, dennoch, hast du mir an diesem Tage dein Lächeln

geschenkt.

Ich rief deinen Namen, bevor nur noch Stille zu mir durchdrang.

Ein Augenblick verging. Dein wunderschöner Körper lag leblos vor mir auf

der Straße. Kostbares Rot verlies deinen Körper.

Es bedeckte alles um mich herum, als ich dich in meine Arme presste.

Die Stille löste sich auf, ich sah in schockierte Gesichter, schrecklich verzerrt,

wie ihre Schreie.

In diesem Chaos in mir, schnitt sich die Klarheit in mein Bewusstsein. Ich lies

dich fallen, rannte erneut davon und verleugnete dich.

Heute kann ich es nicht begreifen. Wisse aber ich habe dich nie vergessen und

liebe dich noch immer.

Meinen Kindern und Enkelkindern erzählte ich oft von einem besonderen

Menschen, sie wussten es nicht besser und dachten, ich erzähle ihnen ein

Märchen. Ich lies meine Geschichte gut enden. Ich erzählte ein Ende, welches

ich mir immer gewünscht hatte, wieder und immer wieder.

Ständig frage ich mich, warum wir nicht in eine andere Zeit geboren wurden,

vielleicht auch einfach an einen anderen Ort. Warum dies alles geschehen

musste, warum ich nie den Mut hatte zu dir zu stehen oder wenigstens von

dir abzulassen.

Sag mir, bist du böse? Hasst du mich gar?

Ich hätte so viel früher mit dir gehen sollen. Komm, gib mir deine Hand,

öffne deine Augen und sage mir, dass du mit mir gehen willst. Hinauf zu den

Sternen an den Ort, den du dahinter vermutet hast. Keiner kann uns jemals

finden.

Wieder frage ich dich, ob du mir verzeihen kannst. Und wirst du mir verzeihen, dass ich jetzt für dich entscheide?

Ein letztes Mal, küsse ich sanft deine Stirn, streiche über dein Haar.

Du bist so wunderschön.

Nun schließe ich meine Augen für immer, bin froh, dass du mit mir gehst.

Nun hören wir für immer auf zu atmen und unsere Flügel tragen uns hinaus

in die Nacht, hoch zu den Sternen, in ein anderes Leben, in dem wir frei sind,

in dem wir uns lieben dürfen.

Fast versagen meine Kräfte, doch ich schaffe es, die Kabel von dir zu lösen,

bette meinen Kopf auf deiner Brust, während wir beide den letzten Atemzug

tun.

Irgendwo jemand träumt

zu jeder Zeit, just in dieser Sekunde

jedoch nichts versäumt

keine Erdenstunde:

Bestreitet Kämpfe um Macht

findet ewige Liebe

amüsiert sich und lacht

oder jagt Hühnerdiebe

balanciert auf dem Seil

fällt Schluchten hinab

ist einfach in Eil`

oder macht grade schlapp

spaziert durch den Regen

plant eine Mord

verkündet den Segen

oder sucht einen Ort

Irgendwo jemand träumt

zu jeder Zeit, just in dieser Sekunde

jedoch nichts versäumt

keine Erdenstunde

wandelt umher in persönlicher Nacht

entflieht dem Licht

bis er schließlich erwacht.

Wenn Braun und Gelb das Grün verdrängen
Die Baumspitzen mit Rot behängen
So weht der Wind die Blätter fort
Er nimmt sie mit an sich geklebt
Das Grün das hier nicht überlebt
Bleibt dafür stehn an anderem Ort

Ein Platz an dem nur Immergrün
Heißt immer grün die Nadeln blühen
Wo‘s keine Blätter nötig hat
Die folglich auch nicht fallen können
Sich ganze Jahresspannen gönnen
Sie haben grüne Farbe satt

Und doch verspürt der Herbst den Drang
Durch den er seine Bäume zwang
Anzulegen neues Kleid
Es bleibt darauf zu überlegen
Ist dies tatsächlich Zwang gewesen
Oder Herzensangelegenheit

Neugierig?

Verantwortlichkeit: