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Doris Burkhardt: Die Erinnerung bleibt – Notizen aus meinem Leben in und mit der Düsseldorfer Frauenbewegung seit 1981

Vorwort

Mein Beitrag soll ein Versuch sein, den Vorhang des Vergessens beiseite zu schieben und einen Blick auf bewegte Zeiten der Frauen zu ermöglichen. Wir wissen alle, dass „Geschichte“ Namen braucht, gerade FRAUEN-Namen, die so gedankenlos (??) vergessen werden.

Es sind persönliche Erinnerungen, die nicht den Anspruch auf Vollständigkeit haben. Die besondere Zugehörigkeit zur „Autonomen Frauenbewegung“ will ich nicht leugnen, was bedeutet: überkonfessionell, überparteilich, nicht eingebunden in große Verbände, Gewerkschaften, Parteien, so dass noch Freiraum bleibt für spontanes Handeln.

Ich würde mich freuen, wenn die Leserinnen und Leser und besonders meine Mitstreiterinnen sich mit einem freundlichen „Ach, ja“ in die Vergangenheit zurückführen ließen und akzeptierend eigene Erinnerungen für sich hinzufügten.

Ich würde mich freuen, wenn sich „Außenstehende“ und jüngere Menschen auf die Texte einlassen und sich inspiriert fühlen würden, die Emanzipation der Geschlechter in allen Lebensbereichen zu unterstützen und einzufordern.

Dazu ein Zitat von Louise Otto-Peters (23.3.1819/Meißen – 3.3.1895/Leipzig), der Begründerin der Deutschen Frauenbewegung: „Die Geschichte aller Zeiten, und die heutige ganz besonders, lehrt: dass diejenigen vergessen werden, welche an sich selbst zu denken vergaßen!“ (Mai 1848 und 21.4.1849 in der Erstausgabe der von ihr gegründeten „Frauen-Zeitung“, die 1852 einem Frauen diskriminierenden Pressegesetz zum Opfer fiel). Im Oktober 1865 gründete sie mit anderen Frauen den „Allgemeinen Deutschen Frauen-Verein“ (ADF), dessen Vorsitzende sie dreißig Jahre lang war.

Meine Erinnerungen widme ich in Dankbarkeit den verschiedenen Zusammenschlüssen von Fraueninitiativen/Frauenprojekten mit bezahlter und unbezahlter (ehrenamtlicher) Arbeit und dem Frauen-Forum Düsseldorf.

Mein Leitgedanke war und ist:

Männern ihre Rechte und nicht mehr; Frauen ihre Rechte und nicht weniger.
(Susan B. Anthony, 1820-1906, USA)

Düsseldorf, Juli/September 2005 Doris Burkhardt

[Anm.: Die Begleitmaterialien wie Texte von Handzetteln, Briefen, Resolutionen, Notizen, Presseberichten zu Frauen-Aktionen können an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden. Es folgt der reine Erinnerungstext.]

1. Mein Weg zur Düsseldorfer Frauenbewegung

1.1 Frankfurt am Main: Selbsterfahrungsgruppe und Gesprächskreis für Frauen (1975-1978)

Meine erste persönliche Begegnung mit der Frauenbewegung hatte ich mit siebenunddreißig Jahren. In Frankfurt am Main besuchte ich in den Jahren von 1975 bis 1978 eines der vielen Frauen-Foren. Es war eine Art Selbsterfahrungsgruppe für Frauen. An die zwanzig Frauen trafen sich einmal wöchentlich abends in einer Stadtbücherei in Frankfurt-Sachsenhausen. Zwischen Bücherregalen und dem arbeitenden Raumpflegepersonal fragten wir nach separaten Räumen für Frauen und praktizierten Frauensolidarität mit Rat und Tat. Als ich Frankfurt am Main aus beruflichen Gründen verließ, schenkte ich der mir lieb gewordenen Frauengruppe zum Abschied das Buch „Frauen“ von Marilyn French als freundliche „Spiegelung“.

1.2 Mosbach in Nordbaden: kontinuierliche Kontakte und Aktivitäten im Frauenzentrum
(1979 - Oktober 1981)

Während meiner Tätigkeit als Erzieherin in einem Kinderdorf besuchte ich regelmäßig jede zweite Woche das Frauenzentrum in der nahen Kreisstadt Mosbach in Nordbaden. Die meisten Frauen im Frauenzentrum waren wie ich „Zugereiste“. Hier war die einzige Möglichkeit, frauenrelevante Themen und frauenpolitische Entwicklungen zu diskutieren, in einer ansonsten touristisch reizvollen Fachwerk-Idylle in der Provinz. Als ich wegen des Arbeitsplatzwechsels dringend eine preiswerte Wohnung suchte, konnte ich sogar ein Jahr als Untermieterin mit Nutzung von Küche und Bad (Kohleheizung!) im Frauenzentrum in Mosbach leben (Oktober 1980 - Oktober 1981).

1.3 Bonn: Fraueninitiative 6. Oktober und ihre Aktivitäten

Von dieser überkonfessionellen, überparteilichen Fraueninitiative und dem ersten bundesweiten Frauenkongress in Bonn im Mai 1981 erfuhr ich im Frauenzentrum Mosbach.

Die Teilnahme am ersten Bundeskongress in Bonn, der Besuch von weiteren Kongressen und die Auseinandersetzung mit den verschickten Rundbriefen, Informationsdiensten und später der „IFPA“ (Initiative Frauen-Presse-Agentur) – alles durchgeführt und produziert von der „Frauen-Initiative 6. Oktober“ schärften und prägten mein frauenpolitisches und „privates“ Denken, Empfinden und Handeln und begleiteten auch mein Leben in Düsseldorf. Deshalb sind dieser Frauen-Initiative aus Bonn auf meinem Weg zur Düsseldorfer Frauenbewegung besonders viele Erinnerungen gewidmet. Ich verbinde mit ihr herzlichen Dank und große Hochachtung vor dem jahrelangen Einsatz der Frauen für die bundesweite Frauenbewegung in Deutschland (und das auch noch „ehrenamtlich“, also unbezahlt)!

1.3.1 Zur Entstehung der Fraueninitiative 6. Oktober in Bonn

Die Fraueninitiative 6. Oktober entstand im November l980 auf Initiative von Hannelore Fuchs (Bonn,) Eva Rühmkorf, Gesine Spieß und Heide Pfarr. Der Name sollte die Verbindung zum 5. Oktober 1980 herstellen (Bundestagswahl mit weiterhin sozial-liberaler Parlamentsmehrheit und Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt). Nach Hannelore Fuchs sollten Frauen aus unterschiedlichen Lagern wieder zusammengeführt werden und diese sollten ihren Protest äußern zur geringen Beteiligung von Frauen an der politischen Macht der Männer. Frauen sollten Antidiskriminierungsgesetze, Gleichstellungsgesetze und mehr Repräsentanz in den Medien und in den gesellschaftlich bedeutenden Institutionen einfordern.

Insgesamt führte die „Fraueninitiative 6. Oktober“ in Bonn seit 1981 bis 1991 elf Bundeskongresse jährlich durch. Dazu entstand 1981 ein Informations-Adressen-Netzwerk, ein Koordinations-Büro mit bezahlter „Bürofrau“, die unschätzbare Dienste leistete: Sylvia Fels.

1.3.2 Entstehung der Initiative Frauenpresse-Agentur

Über Rundbriefe und „Informationsdienste der Fraueninitiative 6. Oktober“ (Erst-Ausgabe November 1981) entstand damit auch 1981 die „Initiative Frauen-Presse-Agentur“ (IFPA), bei der Hannelore Fuchs mitarbeitete. IFPA wurde monatlich bis November/Dezember 2000 produziert und an Abonnentinnen und Abonnenten bundesweit verschickt. Ich war bis zum Schluss Abonnentin der IFPA. Bundesweit bildeten sich nach und nach in verschiedenen Städten regionale Frauengruppen der Fraueninitiative 6. Oktober. In Düsseldorf waren für solch eine Gruppe Gesine Spieß und Barbara Bläsius die Ansprechfrauen.

1.3.3 Die Bundeskongresse der Fraueninitiative 6. Oktober in Bonn

Der erste Bundeskongress fand vom 9.-10.5.1981 in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg mit 280 Teilnehmerinnen statt. Zu diesem Kongress wurde den angemeldeten Teilnehmerinnen vorher ein Werkstattpapier zugesandt mit der Aufforderung, es kritisch zu lesen, um daraus auf dem Kongress gemeinsam ein „Manifest“ der Frauen zu folgenden Themen herzustellen: Diskriminierung in der Sprache, Situation von Frauen und Mädchen im Bildungsbereich, Frauenarbeitslosigkeit, Frauen und Medizin und Gesundheitswesen, Frauen und Sexualität, Entwicklung neuer Lebensformen, Anti-Diskriminierungsgesetz, Frauen in den Medien, Quotierung und Arbeitszeitverkürzung, Frauen für Frieden, Elternurlaub, Frauen und Wohnform, Rollenbild in Schulbüchern, Gewalt gegen Frauen, Rentenreform, Zur Situation der Lesben in der Bundesrepublik.

Die Kerngruppe/Vorbereitungsgruppe der Fraueninitiative 6. Oktober beim ersten Bundeskongress im Mai 1981 in Bonn-Bad Godesberg waren: Karin Glaser, Dr. Barbelies Wiegmann, Hannelore Fuchs, Ina Fuchs, Dr. Herrad Schenk, Elke Vogel und Tina Arndt.

An diesem ersten Bundeskongress nahm auch Heidede Morgenbrod vom Frauen-Bücher-Zimmer (F-B-Z) in Düsseldorf, Duisburger Str. 50, teil. Sie beschrieb am 26.5.1981 den Verlauf des Kongresses und ihre Empfindungen sehr eindrucksvoll für die Düsseldorfer Frauen und sprach mir aus der Seele! Zu diesem Zeitpunkt kannte ich noch niemanden aus der Düsseldorfer Frauenbewegung, weil ich erst im November 1981 nach Düsseldorf gezogen bin.

Der zweite öffentliche Bundeskongress in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg fand vom 20.-23.5.1982 mit ungefähr 5oo Teilnehmerinnen statt. Ein Teilrückblick auf diesen Kongress ist im „Informationsdienst“ Nummer 5/Juli 1982 der „Frauen-Initiative 6. Oktober“ zu lesen. Darin sind unter anderem auch „Arbeitsgruppen“ genannt.

Die Arbeitsgruppe zum Thema „Rentenreform 1984“ war auf mein nachdrückliches Bitten mit Unterstützung weniger Frauen bereits auf dem ersten Bundeskongress angelaufen mit Adressen- und Literatur-Austausch. Auf diesem zweiten Bundeskongress fand die „Arbeitsgruppe Rentenreform 1984“ noch mehr Zuspruch von Frauen, die an einer Arbeitstagung Interesse zeigten. Ich konnte noch auf dem Kongress Eva Rühmkorf, die zu dieser Zeit erste „Frauenbeauftragte“ des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg (Leitstelle Gleichstellung der Frau) war, zur Teilnahme an der Arbeitstagung gewinnen; ebenso Elisabeth Heines, die zum engeren Arbeitskreis der „Frauen-Initiative 6. Oktober“ in Bonn gehörte. Wir vereinbarten noch direkt vor Ort das Wochenende 11./12. September 1982 als Termin für die geplante „Arbeitstagung Rentenreform 1984“ in Düsseldorf.

Auf diesem zweiten Bundeskongress wurde unter anderem auch ein wunderschönes lila Faltblatt angeboten mit Erklärungen zur Fraueninitiative 6. Oktober: „Was wir wollen“, „Strategie“, „Organisation“, „Macht“. Diese Erklärungen entsprechen in etwa dem obigen Beitrag in diesem Buch zur Entstehung der FI 6. Oktober im November 198o.

Außerdem sind in diesem Faltblatt Schlagworte und Sprüche zu lesen:

  • WIR SIND FRAUEN, WIR SIND VIELE
  • WIR SIND DIE HÄLFTE DER MENSCHHEIT, WIR WOLLEN DIE HÄLFTE DER MACHT
  • WIR MÜSSEN DAS PATRIARCHAT BEENDEN, BEVOR DAS PATRIARCHAT DIE WELT ZERSTÖRT
  • DIE MACHT DER MÄNNER IST DIE GEDULD DER FRAUEN
  • WIR FRAGEN NICHT, OB ETWAS REFORMISTISCH, RADIKAL, REVOLUTIONÄR IST
  • WIR FRAGEN, IST ES GUT FÜR FRAUEN ODER SCHLECHT FÜR FRAUEN
  • WER KEINEN MUT ZUM TRÄUMEN HAT, HAT KEINE KRAFT ZUM KÄMPFEN
  • „…..DENN DIE GESCHICHTE ALLER ZEITEN HAT ES GELEHRT UND DIE HEUTIGE GANZ BESONDERS, DASS DIEJENIGEN, WELCHE SELBST AN IHRE RECHTE ZU DENKEN VERGESSEN, AUCH VERGESSEN WERDEN“ Louise Otto-Peters, 1848.

Der neunte Bundeskongress fand vom 17.-19.11.1989 im Bonner Ortszentrum Dottendorf statt. Das Kongress-Thema lautete „Eigenständig – Eigenwillig – Eigenartig / Suche nach weiblicher Identität als Herausforderung“. Der Kongress war eine riesige „Selbst-Erfahrungs-Gruppe“ mit wunderbaren Beiträgen in der „Prismenrunde“, mit wunderbaren starken Frauen und mit vielen bewegenden Momenten.

Der elfte Bundeskongress fand vom 8.-10.11.1991 im Bonner Ortszentrum Poppelsdorf mit 270 Teilnehmerinnen statt. Bei dem Kongress-Thema „Komm mir nicht zu nah – Berührungsängste“ ging es um Lesben und Heteras, ihren Umgang miteinander, das Verständnis füreinander und die gegenseitige Akzeptanz. Eine Rückschau auf diesen Kongress ist auf der Titelseite und der Seite 11 der IFPA Nummer 108/109 vom Dezember1991/Januar 1992 nachzulesen.

Der Kongress vom 8.-10.11.1991 war der letzte Bundeskongress der „Initiative 6. Oktober“. Mochte das Herz auch bluten bei der Nachricht im März 1993, aber die Lücke war ja schon konkret - waren Luft, Kraft und Geld raus? Immerhin blieb noch IFPA!

1.3.4 Das Ende der Initiative Presse-Agentur

Das Ende der IFPA wurde in der Juli/August-Ausgabe 2000 angekündigt, das vielfältige Bedauern ist ausschnittweise in der September Ausgabe von 2000 auf Seite 8 wiedergegeben, auch meine „Beileids-Bekundung“, die angesiedelt ist zwischen Gesine Spieß und Eva Rühmkorf:

  • „Ihr habt die Weibsleut jahrzehntelang gestärkt … und habt Euch wahrlich große Verdienste erworben!“ (Gesine Spieß)
  • „…mein tiefstes Bedauern zum Ende der geliebten IFPA, die mir stets eine lila Quelle von Informationen ist und war.“ (Doris Burkhardt)
  • „IFPA wird mir sehr fehlen, sie ist für mich der einzige und letzte lila Faden zur aktuellen Frauen(bewegungs)szene.“ (Eva Rühmkorf)

Auf der Titelseite der letzten IFPA-Ausgabe vom November/Dezember 2000 verabschieden sich die aktuellen Frauen aus der IFPA-Redaktion, die sogar noch zwei Trost-Beiträge einbrachten; zum einen die Auswahl einer Adressenliste von feministischer/ehrenamtlicher Frauenpresse (hier wird auch die Düsseldorfer Frauenzeitung „WIR FRAUEN“, Rochusstr. 43 genannt), zum anderen ein Hinweis auf das Duisburger Archiv für alternatives Schrifttum (afas), wo auch die die IFPA komplett aufbewahrt wird.

Stellvertretend für alle ehrenamtlich arbeitenden IFPA-Redaktionsfrauen in all den Jahren sollen an dieser Stelle die Frauen der letzten Ausgabe extra namentlich genannt werden, verbunden mit einem dicken Dankeschön für ihren außerordentlichen Einsatz:

Hannelore Fuchs, Marlies Hesse, Jutta Redmann, Stephani Streloke,

Dr. Barbelies Wiegmann.

2. Der Anfang in Düsseldorf: November 1981

Ich wagte mit 43 Jahren einen beruflichen Neuanfang und es zog mich nach Düsseldorf zurück. Hier lebte ich bereits von 1962 bis 1971 und hatte hier Ausbildung und Examen als Kinderkrankenschwester im Evangelischen Krankenhaus am Fürstenwall (jetzt Kirchfeldstraße 40) absolviert. Allerdings bot mein früherer Beruf der Kinderkrankenschwester keine Perspektive nach mehrjähriger Praxispause, aber auch nicht der inzwischen ausgeübte Beruf als Erzieherin. So war ich zunächst ein Jahr als Nacht-Schwester, dann einige Monate in der Tagespflege im Altenpflegeheim tätig.

Meine erste Wohnung in Düsseldorf war ein möbliertes Personal-Zimmer in Düsseldorf-Reisholz, Potsdamer Straße. Meine eigenen Möbel aus einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung wurden bei einer Speditionsfirma in Düsseldorf eingelagert. Seit Dezember 1982 wohne ich in Düsseldorf-Stadtmitte „vor dem Hauptbahnhof“ in einem 1-Zimmer-Appartement (ohne Keller) in der fünften Etage, ruhig nach hinten raus, aber nur mit ‚Büro-Beton’ gegenüber. Immerhin ist ein funktionierender Aufzug im Hause und zur Wohnung gehört ein fünf Meter breiter Süd-West-Balkon mit viel Dauer-Grün und alljährlich wiederkehrender blühender Pracht - meine „Sommer-Stube“!. Die zentrale Lage erleichtert den Weg zu Frauen-Treffpunkten und Aktionen mit Frauen und zu übrigen Kulturveranstaltungen, das nächste Grün im Hofgarten ist auch nicht weit.

Die berufliche Umstellung machte es mir zunächst kaum möglich, Kontakte zur Düsseldorfer Frauenbewegung zu suchen oder in ein Frauen-Projekt einzusteigen. Dennoch hatte ich schon ab und zu Veranstaltungen des „Frauen-Bücher-Zimmers“ (F-B-Z), Duisburger Straße 50 in Düsseldorf-Derendorf, besucht, zum Beispiel Lesungen oder Diskussionen zu verschiedenen Themen.

Ich erfuhr, dass geplant sei, im F-B-Z, im Frauencafé Hexenkessel und bei dem Frauenprojekt KOM’MA eine „Ärzte-Kartei“ für Frauen zu hinterlegen. Dazu konnten Frauen anonym ihre Erfahrungen mit Frauenärztinnen oder Frauenärzten mitteilen. Die Auswertung der Fragebögen sollte in dieser Kartei dargelegt werden.

2.1 Frauen-Bücher-Zimmer

Im Dezember 1981 zeigte das F-B-Z die Ausstellung „Die Stellung der Frau in der Bibel“. Der Ankündigungstext dazu lautete: „Wir leben heute in einer Zeit, in der für viele Menschen Religion, Glaube und die Aussagen der Bibel belanglos geworden sind. Sie können, aus welchen Gründen auch immer, für sich nichts damit anfangen oder lehnen sie mit Überzeugung ab. Dennoch kommt es nicht selten vor, dass gerade diese Leute, wenn es um eine bestimmte Problematik geht – nämlich die Stellung der Frau in unserer Gesellschaft, ihre Fähigkeiten, ihre Rechte – gegen ihre sonstige Haltung der Bibel gegenüber Aussagen über die Frau eben dieser Bibel entnehmen und zu ihren eigenen machen.“

Am 15.11.1981 und 10.1.1982 wurde im F-B-Z sonntags um 11.00 Uhr ein „Politischer Frühschoppen für Frauen“ mit Marit von Ahlefeld angeboten; ein VHS-Kurs mit Kinderbetreuung. In der Ankündigung hieß es: „Der Stammtisch am Sonntagmorgen ist oft nur Männersache – doch Politik ist auch Frauensache! Oder: Das Private ist politisch, Politik ist auch Frauensache, nur muss sie angebunden werden an unsere ganz persönlichen Erfahrungen. Wir sprechen über Politik von Frauen für Frauen, über die Situation der Frau in Familie und Beruf und besonders über Frauen und Frieden. Alte und junge Frauen, Mütter und Ehefrauen, Geschiedene und Alleinstehende können in zwangloser Atmosphäre miteinander diskutieren.“

Am Sonntag den 15.11.1981 lud das F-B-Z außerdem von 13 bis 22 Uhr zum Mitfeiern ein: ZWEI JAHRE FRAUEN-BÜCHER-ZIMMER. Am Dienstag, 22.6.1982 bot das F-B-Z um 20 Uhr einen Vortrag mit Diskussion an zum Thema: „Unglückliche, was hast Du gehofft? – Begründung der Hexenprozesse“.

Ab 19.1.1982 bot das F-B-Z um 20 Uhr jeden ersten Mittwoch im Monat eine VHS-Veranstaltung mit der „Fraueninitiative 6. Oktober“ an, die Leitung hatte Gesine Spieß. Im Ankündigungstext heißt es: „Trotz aller Unterschiede in der Frauenbewegung gemeinsame Nenner zu finden, Kontakte auszubauen, Initiativen zu koordinieren, um ein wirksamer Machtfaktor zu werden, um das in der Verfassung festgeschriebene Grundrecht in die Wirklichkeit umzusetzen.“

Gerne stöberte ich im F-B-Z in der zum Verkauf ausliegenden Frauen-Literatur und erwarb so manches Buch. Zum Verkauf ausgelegt war – neben anderen alternativen Frauenzeitungen – auch die KOM’MA, eine kleine Düsseldorfer Frauenzeitung mit Veranstaltungskalender, die monatlich herauskam (Erstausgabe Oktober 1981) zum Preis von 2 DM. Natürlich kaufte ich die KOM’MA ab sofort regelmäßig, ohne zu ahnen, dass ich gerade bei diesem Frauen-Projekt später viele Jahre mitarbeiten würde.

In der „Informations-Börse“ im F-B-Z gab es aktuelle Hinweise und Info-Material zum Mitnehmen zu politischen und kulturellen Veranstaltungen für Frauen, auch Infos über die „Fraueninitiative 6. Oktober“.

Im Laufe der Zeit lernte ich F-B-Z-Frauen auch persönlich in anderen gemeinsamen Aktivitäten kennen, wie zum Beispiel Margarete Bruckhaus-Sembach in einer Rollenspiel-Gruppe (nach Carmen Thomas) oder Heidede Morgenbrod und Barbara Herz bei den Vorbereitungstreffen und den vielen verschiedenen Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag („8. März“) oder bei den Sitzungen des Frauenforums Düsseldorf oder bei der von mir für die Fraueninitiative 6. Oktober organisierten bundesweiten Arbeitstagung im September 1982 zur „Rentenreform 1984“, die sogar im F-B-Z durchgeführt werden konnte.

Die wechselnden Adressen des Frauen-Bücher-Zimmers: Zuerst war es 1979 das schmale, aber für mich gemütliche Haus mit den allerdings ungemütlich vielen Stufen in der Duisburger Str. 50, Ecke Sternstraße. Dann folgte 1987 das Domizil mit wesentlich größeren Räumen zu ebener Erde in der Becherstr.2 und zum Schluss am 1.1.2000 das „Große Wohnzimmer“ mit einer gewissen Eleganz in der Ulmenstr. 11. Mit diesem Umzug war auch die offensichtliche Trennung vom „Frauen-Buchladen“ verbunden, der mit Dorothea Düsedau weiterlief und inzwischen zur Blücherstr. 3 umgezogen ist – alles in Düsseldorf-Derendorf.

Quelle: Der Text stammt aus dem Nachlass von Doris Burkhardt, den sie dem Frauen-Kultur-Archiv dedizierte. Im Testament hat sie verfügt, dass nach einer Schließung der Einrichtung der Nachlass dem Stadtarchiv Düsseldorf übergeben werden soll. Dieser Verfügung wurde entsprochen.

Verantwortlichkeit: